Heute vor 159 Jahren war ein großer Tag: In Australien wurde erstmals offiziell der Achtstunden-Tag eingeführt. Die Idee dazu hatte der britische Unternehmen Robert Owen, der durch bessere Arbeitsbedingungen die Produktivität seiner Arbeiter steigern wollte und auf die griffige Formel setzte: 8+8+8, also acht Stunden Arbeit, acht Stunden Schlaf und acht Stunden Freizeit. Vorher galt: Arbeiten, solange der Chef will und das hieß meistens 12 Stunden aufwärts.Bis der Achtstunden-Tag flächendeckend nach Deutschland kam, dauerte noch eine ganze Weile. Es gab zwar einzelne Unternehmen, die ihn einführten. Doch Gesetz wurde der Achtstunden-Tag in Deutschland erst 1918 – damals allerdings noch mit sechs Arbeitstagen, was also einer 48-Stunden-Woche entsprach.
Schon zu der Zeit waren die Arbeitsgeber pfiffig und konnten bereits 1923 – auf dem Höhepunkt der Hyperinflation in Deutschland – eine Aufweichung der Regeln durchsetzen. Erst 1946 wurde der Achtstunden-Tag wieder angeordnet.
Heute regelt § 3 des Arbeitszeitgesetzes die Beschäftigungsdauer: „Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.“
Dies gilt bis auf wenige Ausnahmen für alle Arbeitnehmer, also vom Praktikanten über den Lehrling bis zum Angestellten. Selbst wenn das Unternehmen nicht mit Stechuhr arbeitet, muss der Chef wissen, wer wann welche Überstunde macht, denn er ist für das Wohl seiner Beschäftigten verantwortlich.
Was aber ist die Realität: Man führt Vertrauenszeit ein (erfasst also offiziell die geleisteten Stunden nicht), rechnet Reisezeiten nicht als Arbeitszeiten (verlangt allerdings, dass der Mitarbeiter im Zug noch schnell die Präsentation bastelt oder im Flieger die Kalkulationen erstellt) und man stattet seine Mitarbeiter mit Smartphone, Tablet und Laptop aus, die sie explizit gerne auch zuhause nutzen dürfen.
So wird aus einem Achtstunden-Tag schnell ein work around the clock, auch wenn es sich besser anfühlt, weil man ja mit iPhone, einem Firmenwagen und gehobenen Hotels gleich auch sein eigenes Wertgefühl definiert.
Früher, als im Kino noch Western liefen und Helden wie John Wayne und Clint Eastwood zeigten, wie man(n) sich verhält, war die Welt einfach: Der Chef wollte mehr Arbeit. Dafür musste er mehr zahlen (Überstunden). Ansonsten: Krieg. Punkt.
Heute verführt man seine Lieben und gibt ihnen kleine Zuckerle, um möglichst viel der Lebenszeit der Mitarbeiter einzukassieren. Der Achtstunden-Tag dient eher als grobe Orientierung im Sinne: Kürzer arbeiten geht gar nicht. Speziell für Berufseinsteiger mit Hochschulabschluss gilt wohl eher: Erst nach acht Stunden fängt der Arbeitstag so richtig an.
Von Lada Osornina