Strategie kann viel von Architektur lernen

Was strategische Planung von Architektur lernen kann

Es gibt ungezählte Beispiele, bei denen einfache Grundeinsichten mit Beispielen aus der Tier- und Plfanzenwelt oder simple Analogien belegt werden sollen. Meisten kann man darüber milde lächeln. Manchmal aber helfen solche Vergleiche auch, tatsächlich wichtige Grundeinsichten zu verinnerlichen.

So ging es mir heute beim Lesen eines Artikels von Andrew Campbell und Mark Lancelott im HBR Blog Network (Campbell, Andrew / Lancelott, Mark (2013): What Strategists Can Learn from Architecture). Klar, es gibt keine wirklich neuen Erkenntnisse. Aber durch den Vergleich zweier zunächst sehr unterschiedlicher Prozesse, kann man sich einige Grundweisheiten sehr gut plausibel machen.

Campbell und Lancelott vergleichen die Entwicklung einer Strategie mit der architektonischen Planung für ein Haus. Ein Architekt beginnt nicht mit einer detailreichen Reinzeichnung einer Etage, sondern versucht zunächst einige Grundeinsichten festzuhalten: Küche nach Osten wegen der Morgensonne, Garage in der Nähe der Küche, damit man die Einkäufe nicht weit tragen muss, Gäste-WC neben der Eingangstür etc.

Erst mit diesen ersten Grundinformationen – quasi das, was im betriebswirtschaftlichen Kontext die Konfiguration eines Unternehmens nennt – kann man einen Grobentwurf entwickeln. Man zeichnet die Konturen seiner Ideen, so dass man ein einheitliches Bild über das Ziel erreicht.

Auf diesem Level 2 bleiben allerdings viele strategische Planungen innerhalb von Unternehmen stehen. Was ein Architekt jetzt aber macht, ist die grobe Skizze zu verfeinern. In Level 3 erstellt er einen maßstabsgerechten Bauplan, in Level 4 wird dieser Bauplan um Ressourcen ergänzt (welche Materialien, in welchen Mengen etc.) und Level 5 ist die dauernde Anpassung und Fortschreibung des Plan während der Baumaßnahmen.

Ganz ehrlich: Level 1 und Level 2 das hat viel mit Wünschen, Visionen und Ideen zu tun. Die eigentliche Arbeit – eines guten Strategen wie eines Architekten – beginnt mit der Umsetzung der groben Idee in durchführbare und umsetzbare Konkretisierungen. Welche Auswirkungen wird die Strategie genau auf die nächsten Geschäftsperioden haben, welche Maßnahmen müssen umgesetzt werden, welche Ressourcen werden dafür benötigt? Das sind Fragen, die im Alltag zwar gelöst werden, aber oft losgekoppelt von der eigentlichen Strategie.

Das heißt konkret: Die Strategie ist ein gut klingendes Statement, das hinter Glas gerahmt im Besprechungszimmer hängt. Die Umsetzung ist business as usual. Stellen Sie sich vor, so würde ein Architekt arbeiten? Er zeigt Ihnen ein Haus auf quadratischem Grundriss mit zwölf Fenstern pro Etage und einem Walmdach. Dann wird gebaut und plötzlich steht auf Ihrem Grundstück ein skandinavische Holzhaus im L-Format.

Strategische Planung hört nicht bei der Entwicklung einer strategischen Perspektive auf. Strategische Planung beginnt bei der strategischen Perspektive und hat viel mit Arbeit, wenig mit Inspiration zu tun.

Von Thomas Becker

Bildnachweis: Von Ricardo Gomez Angel [Lizenz] via unsplash.com

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