#foodporn

Immer mehr junge Menschen interessieren sich für eine gesunde Lebensweise. Der Trend zu Smoothies, Fitness und Co rührt größtenteils von den sozialen Medien, speziell Instagram. Das Foto-Netzwerk ist ein wahres Mekka für Food-Blogger und ihre Follower.

Kunstvoll aufgetürmte Pancakes, cremig-bunte Smoothies, liebevoll dekorierte Obstplatten, knackige Salate – scrollt man durch die Essens-Fotografien, die seit einiger Zeit die sozialen Medien überfüllen, läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Gerade Instagram hat sich zur Nummer-Eins-Plattform für die „Food-Blogger“, wie diejenigen, die da tagtäglich ihr Essen ablichten heißen, entwickelt. Der ganz klar erkennbare Trend: selbst gekochte, gesunde Ernährung. Tiefkühlpizza war gestern – die hungrigen Instagramer zaubern sich bei knurrendem Magen eine frische, gesunde und hübsch anzusehende Mahlzeit. Und bevor dann reingehauen werden kann, muss die selbstverständlich erstmal abgelichtet und mit den Followern geteilt werden.

Ein schlechter Trend ist das nicht: die ständige Konfrontation mit dem gesunden Essen löst ein Umdenken bei den jungen Leuten aus. Wehren kann man sich nämlich nicht gegen die Fotos der Food-Blogger. Folge ich ihnen nicht selbst, tun es meine Freunde, und was die „liken“, sehe auch ich. So kommt es, dass sich Gespräche auf Partys nicht selten um Chia-Samen, die Vorteile von Sojamilch oder den Mixer, der die besten Smoothies mixt, drehen.

Aber die Welt des Essens ist vielfältig. Low- oder High-Carb, paleo oder vegan, roh oder gekocht? Instagram mit seinen über 200 Millionen Nutzern auf dem ganzen Globus bietet Beispiele für jede nur erdenkliche Form der Ernährung. Die treuen Follower der Food-Blogger vertrauen den vermeintlichen Ernährungsexperten und sehen sie und ihre täglich geposteten Mahlzeiten als Vorbild.

Hinter den Accounts mit den wunderschönen Fotos, die es locker mit den Bildern erfolgreicher Food-Stylisten aufnehmen können, verbergen sich aber oftmals junge Frauen – ganz normale Mädels, oft noch Schüler oder Studenten, die einfach eines Tages entdeckt haben, dass der Inhalt ihrer Lunchbox anscheinend nicht nur sie selbst, sondern auch Tausende von anderen Mädels und Jungs interessiert.

Eine von ihnen ist Pauline Bossdorf, auf Instagram „livingthehealthychoice“. Ihre Ernährung: vegan, ausschließlich Vollkornprodukte und frei von künstlich produzierten Lebensmitteln. „Pflanzenbasiert“ nennt die junge Berlinerin das. Dabei hat sie gar keine Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten. Sie hat diese Art der Ernährung für sich entdeckt, als sie vor zwei Jahren von zu Hause ausgezogen ist. Ab dann fing sie an, bewusster einzukaufen und zu kochen, las Blogs und klickte sich durch Instagram-Accounts. „Ich habe mir alles selbst beigebracht. Ich wusste überhaupt nichts von Quinoa und Buchweizen und habe meistens Nudeln mit Käse gegessen“, gibt Pauline zu. Instagram inspirierte sie am meisten. „Es war für mich Wahnsinn, dass manche Leute 300 Fotos posteten. Für mich war es wie eine Challenge, ob ich das auch schaffen kann und bei einer Sache wirklich so bleiben kann“, erinnert sie sich. Das scheint wohl ganz gut geklappt zu haben – „livingthehealthychoice“ hat mittlerweile 211.000 Follower. „Klar setzt einen das unter Druck, wenn man weiß, dass der Text, den man gerade schreibt, so viele Menschen erreicht. Man muss aber relaxt bleiben, das sind auch nur Leute wie du und ich“, erklärt die Mediengestalterin in der Ausbildung. Mit ihrer Ernährung fühle sie sich gut: „Mir geht es super. Erkältungen werde ich viel schneller wieder los als früher. Aber jeder muss selbst austesten, was die richtige Ernährung ist“.

Ihre „perfekte“ Ernährungsweise publiziert auch Madeleine Schneider-Weiffenbach auf ihrem Account „pilotmadeleine“. Sie setzt auf eine proteinreiche low-carb-Ernährung. Künstlicher Zucker kommt bei ihr nicht auf den Tisch, dafür jede Menge Obst, Smoothies und süße, aber gesunde Leckereien. 227.000 Follower hat Madeleine – kein Wunder: blonde Locken, ein durchtrainierter Body, ein gutaussehender Boyfriend, ein Jet-Set-Leben mit Reisen nach Hawaii und New York, und intelligent ist sie auch noch: Hauptberuflich ist die Bloggerin nämlich Pilotin. Sie ist somit Idol zahlreicher junger Mädels, die sie tagtäglich mit Fragen zu Ernährung und Fitness löchern. „Ich nehme mir viel Zeit für meine Follower und beantworte alle Fragen und Kommentare“, verrät Madeleine. Die Fans danken es ihr mit Lob und Likes. „Manche Mädchen bedanken sich bei mir, weil ich ihnen mit meinem Account beim Abnehmen geholfen habe – das ist schon ein tolles Gefühl“, erzählt die Pilotin, die seit Kurzem auch einen YouTube-Kanal hat, damit die Follower noch näher an ihr dran sein können.

Dass Ernährung grundsätzlich ein wichtiges Thema für Mädchen und Frauen ist, ist nichts Neues. Aber dass sich tatsächlich so viele mit alternativen Ernährungsformen befassen, ist ein neuer Trend. Pauline von livingthehealthychoice begründet den damit, dass die Generation der jungen Leute von heute ein so gutes Verhältnis zu ihren Eltern hat. „Es gibt nicht viel, das wir an unseren Eltern kritisieren und dem wir uns entgegensetzen wollen. Mit der Ernährungssache können wir uns aber trotzdem von ihnen abheben. Und natürlich auch sagen: Hey, wir tun jetzt was für uns und für die Erde“. Natürlich komme auch viel von den sozialen Medien. „Gerade Stars tragen ja viel dazu bei, wenn sie mit ihren grünen Smoothies durch L.A. laufen“. Nichts zu essen stehe, so weit sie das beurteilen könne, gar nicht mehr zur Debatte. „Was man isst und dass man isst, ist viel wichtiger. Spaß am Essen, gemeinsam essen, das ist heute wichtig“, fasst Pauline zusammen. Glaubt man der virtuellen Welt von Instagram, scheinen Nulldiäten also weniger zu werden – „strong is the new skinny“ liest man auf zahlreichen Accounts. Die mundwässernden Food-Fotografien scheinen also tatsächlich etwas Positives zu bewirken. Und auch wenn Instagram durch die neuen Koch-Accounts noch mehr junge Menschen süchtig macht – immerhin stellen sich die meisten danach auch tatsächlich in die Küche, um ihrem Körper mit einer gesunden und leckeren Mahlzeit etwas Gutes zu tun.

Von Pauline Schnor

// Photo Credits to Instagram/livingthehealthychoice

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