Der französische Student, Sänger, Songwriter und Pianist Béranger Gras hat auf Berlins Straßen seine Liebe zur Musik neu entdeckt. Ein Leben voller Herausforderungen und gelebter Träume.
Mit seinen fast schulterlangen braunen Haaren und 10-Tage-Bart könnte man meinen, er sei älter als Anfang Zwanzig. Béranger Gras – der sich mit Künstlernamen nur Béranger nennt – spricht fließend Deutsch, mit einem leichten französischen Akzent. Er wirkt charmant und sympathisch. Ab und zu wechselt er ins Englische, aber auch nur, wenn ihm im Deutschen die Worte fehlen, um seiner Leidenschaft gebührend Ausdruck zu verleihen. Seine Leidenschaft ist die Musik – daran lässt er keinen Zweifel.
Deshalb spielt er auf der Straße. Dort fühlt er sich frei. Dort wird er gehört. „Ich liebe es total. Die Leute sagen, ob sie meine Musik mögen oder nicht.“ Diese Ehrlichkeit braucht er, um kreativ zu sein und sie spiegelt sich auch in seinen Liedtexten wieder.
Wenn Béranger in die Tasten greift und dazu singt, dann bringt er das rüber, was er mitteilen möchte. Er hat eine einzigartige Art „Californian Rock“ auf dem Klavier mit seiner jazzigen Stimme, sowie fließende instrumentale Harmonien mit dynamischen Beats zu verbinden. Spielt er eines seiner kraftvollen, schnellen Riffs fragt man sich sofort, wo man so etwas lernt. Da hat sich seine 11-jährige klassische Pianoausbildung wohl bezahlt gemacht.
Zwei Leben: Student und Musiker
Ursprünglich war er für sein Management-Studium aus Frankreich in die deutsche Hauptstadt gekommen. Berlins Musikszene zog ihn allerdings schnell in seinen Bann. Er begann, Musik auf der Straße zu machen, knüpfte Kontakte zu anderen Musikern, lernte seine jetzige Band „Bliss X“ kennen und baute sich sein Künstlerleben Schritt für Schritt auf. Auftritte hatte er als Solokünstler und mit Band schon mehrere. Vor allem spielte er auf Privatveranstaltungen, aber auch in kleineren Bars und Clubs, wie der „Bar Tausend“, dem „Schokoladen“ oder im Musik und Lifestyle Hotel „nhow“. Im März brachte Béranger sein erstes Demo-Album raus, mit acht eigenen Songs und einem Cover, aufgenommen in seinem Wohnzimmer.
Doch warum Berlin? Seine Heimat Paris findet er gut für Musikveranstaltungen, allerdings ist es dort schwer in der französischen Musikszene Fuss zu fassen. Berlin ist der richtige Ort für alternative Musik, so Béranger. Hier kann jeder seinen Platz finden und kommt schnell an neue Kontakte. Und er liebt das Lebensgefühl dieser Stadt, vor allem auf der Straße.
Straßenmusik – viele Hürden und eine große Chance
Auf der Straße zu spielen beann er, als er Geld brauchte. Dabei fand er heraus, dass die Passanten seine Musik lieben. In zweieinhalb Stunden hat er einmal 150 Euro bekommen. Doch das ist nicht immer so. In Berlin gibt es Musiker an jeder Ecke. Deshalb ist es hier schwer von der Musik zu leben. Das findet er „shit“, denn „Music is beautiful for what it is“. Man sollte sie nicht dafür benutzen, um Geld zu verdienen, wenn dadurch die künstlerische Freiheit verloren geht. Das passiert, seiner Meinung nach, wenn man versucht, Leute zu beeindrucken.
Als Straßenmusiker muss man andere fesseln können. Der Franzose ist sich nicht ganz sicher, ob das, was er macht, wirklich außergewöhnlich ist, aber eines weiß er: „Wenn du alles gibst und mit ganzem Herzen dabei bist, egal was du spielst, dann spüren die Menschen, dass du dein Bestes gibst und hören dir zu.“
Um nicht von Straßenmusik und kleineren Auftritten abhängig zu sein, bringt er dieses Jahr erst einmal sein Studium zu Ende. Diese Sicherheit braucht er. Sein Traum ist es, später zusammen mit seiner Band von der Musik zu leben, ununterbrochen kreativ und unabhängig zu sein.
Auf der S-Bahn-Brücke an der Warschauer Straße geht er seiner Leidenschaft am liebsten nach. Dort kommen viele Menschen vorbei und bleiben stehen. Das Gefühl auf der Straße zu spielen, ist für Béranger einzigartig. „Du kannst richtig laut und frei singen und spielen. Dort kannst du alles geben.“
Von Ruth Bauer