Vom Acker in den Altbau: Zwei Dorfkinder in der Großstadt

Berlin ist seit jeher das Mekka der gelangweilten Landbevölkerung. Jeder, der sich an nicht enden wollenden Äckern satt gesehen hat und alle Songs in der hiesigen Dorfdisco mitgrölen kann, setzt sich in den nächsten Zug und zieht in die Hauptstadt.

Berlin – hier wird einem alles geboten, was man vorher nur aus Film und Fernsehen kannte. Partys, ein unvergleichlich alternativer Lebensstil und verrückte Menschen, so weit das Auge reicht.

Mein westliches Heimatörtchen ließ ich mit 19 Jahren hinter mir. Der größte Schrecken waren für mich die alljährlichen Schützenfeste. Ein Brauch, der in meiner Wahlheimat Berlin gänzlich unbekannt ist. Eine kurze Zusammenfassung: Das Schützenfest ist das Dorfevent des Jahres, in dessen Verlauf ein Schützenkönigspaar, durch einen Schießwettbewerb bestimmt wird. Dabei muss ein Vogel, daher auch das Sprichwort, abgeschossen werden. Hat jemand das geschafft, darf sich der neue Schützenkönig seine Braut aussuchen und das Paar wird mit lauter Marschmusik durch die Stadt begleitet. Meine Flucht in die Großstadt sei damit mal gerechtfertigt.

Meine nördliche Heimat liegt – wie ich gerne betone – in der Nähe von Bremen, da in der Hansestadt immerhin nicht jeder von jedem vollen Namen, Anschrift sowie Einkaufsgewohnheiten im Schlaf aufsagen kann. Allerdings ist das Wort „Nähe“ ein äußerst flexibler Begriff mit differenzierten Ansichten in Bezug auf Entfernung. Okay ich komme halt vom Land. Nicht vom Bauernhof, aber dazwischen. Genau genommen bin ich sogar im Wald aufgewachsen, wo der nächste Nachbar hier in Berlin schon eine neue Postleitzahl hätte. Einen Bäcker konnte man angenehm in einer knappen halben Stunde mit dem Auto erreichen, ebenso einen Supermarkt. Als Kind war das alles ganz toll: Laut sein, Baumhäuser bauen, viele Freunde einladen – es gab halt keine Nachbarn, die man stören konnte. Doch als ich eines Tages feststellte, es muss so um mein 13. Lebensjahr gewesen sein, dass da draußen noch eine ganz andere, bunte Welt existiert, wollte ich nur noch eins – in die Stadt. Meine Eltern schenkten mir zur Konfirmation unter anderem eine Reise nach Berlin – Liebe auf den ersten Blick. Ich war 14 und bereit, die Welt zu erobern! Allerdings kam es dann doch erst mit Anfang 20 dazu.

Wie uns ergeht es jedes Jahr Tausenden anderen. Jeder hat einen anderen Ich-will-hier-weg-Grund, doch Eines haben alle gemeinsam – sie wollen vom Acker in den Altbau. Aber warum immer Berlin, wenn Deutschland doch mit so vielen interessanten Städten punkten kann? Gerade für junge Menschen ist Berlin „the place to be“. Denn obwohl in Berlin regelmäßig große Stars über den roten Teppich flanieren, ist Berlin eine der günstigsten Städte des Landes. Trotz der hohen Bevölkerungsdichte und dem „Trendfaktor“ sind Wohnungen verhältnismäßig erschwinglich. Auch bei der Wahl des Abendprogramms, kann man sich zwischen den „high class“ Mitte-Clubs und den preiswerten Partyangeboten im Osten entscheiden. Ein klarer Vorteil gegenüber Städten wie Hamburg oder München, die dafür bekannt sind, dass man für den Clubbesuch auch mal tiefer in die Tasche greifen muss.„Mal etwas anderes“ ist genau, was der „Melting Pot“ Berlin zu bieten hat und das Gegenteil der „Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht“-Mentalität, die man sein Leben lang erleiden musste.

Gerade für junge Menschen ist Berlin „the place to be“

Vielseitigkeit – Gerade das ist, was Berlin ausmacht. In wohl keiner anderen Stadt Deutschlands gibt es diese bunte Mischung: Hier teuer, da günstig, dort Szene und insgesamt einfach cool. Berlin ist eben relaxt, möchte in keine Schublade gesteckt werden. Schräg angeguckt werden? Das gibt es in der Spreemetropole kaum – hier kann man sich auch in Sachen Lifestyle sowie Modestil alles leisten.

Genau darum ist die Stadt vor allem auch für junge Leute so interessant, wie uns ein Marketing-Student verrät: „Mit Anfang 20, da weißt du einfach noch nicht richtig wer du bist, du hast zwar einen Plan wo du hin willst, doch ob alles auch so kommt, das wird sich wohl erst nach dem Studium zeigen. Das bunte Berlin ist einfach perfekt um die eigene Persönlichkeit zu entwickeln!“

Darüber hinaus ist der wild gemixte Hauptstadtcocktail gerade für Berufseinsteiger der richtige Powerdrink, um schnell die Karriereleiter hochzuklettern. Als Medienmetropole sitzen an der Spree viele bekannte Sender wie ARD, ZDF sowie n-tv und auch Verlagsriese Axel Springer. Zudem ist Berlin momentan auch für junge Unternehmensgründer die erste Adresse. Kaum ein Student hat nicht nebenher schon in einem Startup gejobbt oder sogar selbst eines mitgegründet. Kevin Pflock, Blogger des Startups-Portals www.junge-gruender.de, weiß warum Berlin ein außergewöhnlich attraktiver Standort für neue Unternehmen ist: „Durch einige First Mover aus der Gründerszene, günstige Gewerbemieten und das kulturelle Angebot, hat sich Berlin zur deutschen Gründerhauptstadt entwickelt. Heute ist Berlin sicher der größte Standort für Gründungen.“

Die Pluspunkte gehen somit ganz klar an Big Berlin City. An dieser Stelle müssen wir wohl nicht mehr deutlich machen, warum das Altbau-Leben uns in vielerlei Hinsicht mehr erfüllt als der Acker-Weitblick. Trotz alledem sind wir glücklich mit Baumhaus-Bauen, Eau de Kuh und Riesen-Garten aufgewachsen zu sein. Außerdem, ein paar Countrygirls tun der Stadt immer gut und wenn wir die Landluft in der großen Stadt einmal vermissen sollten – das weitläufige Berlin leistet mit den vielen grünen Parks, Wäldern und Gärten definitiv Abhilfe: „Berlin, du bist so wunderbar!“

Von Freya-Alessa Hausmann und Julia Lehrter

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