Politische Bildung feat. ich ficke deine Mutter

Eignet sich Rap als Sprachrohr politischer Botschaften oder doch lieber asozialer Poetry Slam?

Berlin, Mittwochabend, 21:00. Es riecht nach Bier und Zigaretten im Club Bi Nuu. Der Beat dröhnt schon in den Ohren und die Leute schauen erwartungsvoll auf die Bühne. Es geht um Rap am Mittwoch, ein Sprechgesang-Battle im Online TV Format. Alle 2 Wochen zieht es die Menschen Berlins in den hippen Club am Schlesischen Tor. Vertreten sind vornehmlich junge Leute – Männlein und Weiblein. Es geht darum Punchlines zu spitten und dem Publikum zu beweisen, dass man der beste in diesem musikalischen Genre ist.

Blende: Brüssel, Mittwochabend, 18:00. Die Schlange vor dem Europäischen Parlament scheint kein Ende zu nehmen. Ausweiskontrolle, man geht durch den Check-Inn, lässt seine Sachen kontrollieren und sich scannen. An diesem Abend geht es nicht um einen politischen Gipfel, zumindest nicht in erster Linie. Es geht um Rap, vielmehr darum, politische Ansichten den jungen Menschen so zu unterbreiten, dass sie es hoffentlich verstehen. Ein Rap-Battle, organisiert von MTV Voices und EU40, aufgrund der baldigen EU Wahlen. So wurde den vielen unterschiedlichen Parteien die Möglichkeit gegeben, ihre Standpunkte zu den drei Themen, Jugendarbeitslosigkeit, Grenzen in der EU und Innovation und Technologie zu verdeutlichen, sodass es auch für die Jugendlichen interessant wird.

In Brüssel trifft man auf Jackett-Träger, Parlamentsmitarbeiter, Abgeordnete und aber auch viele junge Leute hat es an diesen Abend, in das Zentrum der EU Hauptstadt, verschlagen. Sie wollen anhören was Ihre Parteien zu sagen haben.

Zuerst trifft die Europäische Volkspartei (Bündnis aus christlichen demokratischen Konservativen) mit ihrem Rapper auf die Grünen mit Ihrem Rapper. Die drei Themen werden vorgestellt und es gibt ein Freestyle Battle. Das Publikum entscheidet per Klatschen und Pfeifen – Je lauter, desto besser- welcher Rapper das Rennen gemacht hat. Das gleiche geschieht bei dem Battle zwischen den Sozialisten und Liberalen. In der ersten Runde gewinnen die Grünen, in der zweiten die Liberalen.

So gut die Idee ist, das Publikum lässt sich trotzdem nur schwer mitreißen. Der Moderator gibt alles, dass Publikum dafür umso weniger. Die Punchlines (Pointe in einem Rapsong) sind auf Englisch, und daher nicht für jeden so gut zu verstehen. Der Witz bleibt so auf der Strecke. Dieses Potpourri aus coolen Rappern, konservativen Parteien, Drake-Beats, Jackett-Trägern und steriler Atmosphäre im EU Parlament, lässt die Gesamtsituation künstlich wirken. Als ob man Angela Merkel und Sigmar Gabriel in eine Wolke aus rosa Marshmallows packt und sie die gleiche Meinung haben – Da passt irgendwas einfach nicht. Und auch das Freibier macht es nicht besser. Es ist gut gewollt, aber nicht gekonnt.

Dennoch werden die Meinungen und Standpunkte deutlich. So sagt die Europäische Volkspartei, ,,Wer will Geld? Der wählt uns!‘‘. Die Grünen hingegen machen klar, ,,Was ist Geld ohne Solidarität?‘‘. Aber immerhin versöhnen sich alle auf der Aftershow Party. Und die wichtigste Botschaft des Abends wurde deutlich ,,Make your voice count!‘‘. Und das kann nun wirklich jedem ans Herz gelegt werden.
Bei Rap am Mittwoch geht es vielmehr um den Rap an sich, um die Kunst zu ‘‘spitten‘‘. So ist der Sprechgesang in Berlin groß geworden. Bei Rap am Mittwoch werden nicht die großen politischen Parolen ausgepackt, und so fällt schon, das eine oder andere ,,Ich ficke deine Mutter, nur für Promo.‘‘. Aber das macht für viele Menschen den Rap authentisch. Es ist wie ein asozialer, liebgemeinter, ehrlicher Poetry-Slam der Spaß macht.

Rap am Mittwoch ist ein Urgestein der Berliner Rap-Szene und jetzige Hip-Hop Größen wie Sido, Frauenarzt oder Karate Andi sammelten so ihre ersten Bühnen-Erfahrungen. Die Veranstaltung gewinnt immer weiter an Popularität, dass MC‘s wie Kool Savas als Act auftraten.Rap war gewissermaßen schon immer ein politisches Sprachrohr. Es geht darum, die Meinung einer bestimmten Schicht widerzuspiegeln, zwar nicht unbedingt in der C-Dur Tonlage, aber mit ehrlichen Worten, die unsere Gesellschaft erreichen. Schwierig wird es, wenn man versucht so eine Situation zu erzwingen. Das wird nicht funktionieren. Man hat immer einen komischen Beigeschmack im Mund, wenn sich konservative Parteien mit Rappern zusammentun. Horst Seehofer und Bushido, auch eine kuriose Vorstellung.Politik braucht Kritik die nicht aus ihren eigenen Reihen stammt, und Rap bietet diese Möglichkeit.

Zwei Veranstaltungen die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber eins gemeinsam haben. Die Musik. Und das verbindet Menschen, gerade die Jugendlichen in unserer Zeit. Nun sei es dahin gestellt, welcher pädagogische Grundsatz hinter ‘‘Rap am Mittwoch‘‘ steht, aber es geht um die Leidenschaft. Und wenn Leidenschaft noch eine gesunde politische Botschaft vermittelt, ist uns allen geholfen.

Von Lea Bohlmann

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