Gegen die Narben des Schicksals: Tattoos für starke Frauen

Vor mehr als 5000 Jahren wurden die ersten Tattoos gestochen. Sie galten als Symbol für den Rang oder zur Identifikation der Person. Heute sind Tätowierungen eher als Schmuck. Dass Tattoos aber auch heute sehr symbolisch und sogar therapeutisch sein können beweisen jetzt einige Tattookünstler.

Allen voran geht die Tätowiererin Flavia Carvalho. Die Brasilianerin kam vor einiger Zeit auf die Idee, sich darauf zu spezialisieren, Frauen mit Narben zu tätowieren. Eine Klientin wollte damals ein Tattoo über ihre Narbe am Bauch. Hinter ihrer Narbe steckte eine unglaubliche Geschichte: Nachdem sie einen Mann in einem Club eine Abfuhr erteilt hatte, verletzte dieser sie schwer mit einem Messer. Aus einer schockierenden Geschichte wurde dank Flavia etwas Schönes. Ihre Kundin war so gerührt von dem Ergebnis, dass Flavia beschloss, auch weiteren Frauen zu helfen, die aufgrund von Gewalt Narben auf dem Körper haben.

Seitdem kommen Frauen aus dem ganzen Land zu Flavia Carvalho. Wenn sie zur Vorbesprechung kommen, sind sie oft sehr unsicher. Viele der Frauen weinen sogar, wenn sie ihre Geschichte erzählen und ihre Narben zeigen. Wenn das Tattoo dann endlich gestochen ist, verändert sich das Körpergefühl der Frauen sichtlich. Aus einer schlimmen Erinnerung wird etwas Ansehnliches.

Körperkunst gegen Brustkrebs

Nicht nur Tätowierungen als Zeichen gegen Gewalt werden immer populärer, auch die Tattoos auf amputierten Brüsten werden immer beliebter. Frauen, denen ihre Weiblichkeit vom Krebs genommen wurde, können so ein Stück ihrer femininen Seite wieder bekommen. Häufig bleibt bei Brustkrebs keine andere Möglichkeit, als die Brust abzunehmen. In diesem Fall hat die Frau danach keine Brust und auch keine Brustwarzen mehr. Für Frauen, die diesen Kampf aufnehmen müssen, gibt es heute die Möglichkeit, Brustwarzen tätowiert zu bekommen – oder gleich ein ganz anderes Kunstwerk. Tattoos sind also nicht nur Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, sondern können auch wie eine Therapie wirken und Frauen neues Selbstbewusstsein geben.

In Berlin bietet zum Beispiel Andreas Otto die sogenannte Mamillenrekonstruktion an. Während Flavia Carvalho ihre Tattoos aber ehrenamtlich und somit umsonst sticht, kostet eine Nippelrekonstruktion hierzulande ungefähr 665€. Ob das nun ein gerechtfertigter Preis für ein neues, selbstbewussteres Leben ist, sei dahin gestellt. Sicher ist aber, dass Tätowierungen definitiv dabei helfen können, ein negatives Ereignis in ein positives Kunstwerk zu verwandeln.

Von Denise Uspelkat

Bildnachweis: Unsplash (CC0)

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