Interessante Persönlichkeiten haben oft interessante Lebensläufe. Bei dem Dortmunder Journalisten und Moderator Jörg Thadeusz ist das nicht anders. Angefangen bei der Tätigkeit des Müllpressens, über den Sanitätsdienst bis hin zum Liegewagenschaffner: Der eingefleischte BVB-Fan Jörg Thadeusz war bei der Wahl seiner Jobs stets offen und seine vielseitige Berufserfahrung lässt heute viele TV-Kollegen schmunzeln.
Thadeusz gibt zu, diese illustren Jobs der Anfangszeit dienten lediglich dem Zweck, den Lebensstil eines jungen Mannes zu finanzieren. Nach einer wilden Tour durch die hiesige Arbeitswelt, wollte er Geschichte und Politik studieren und schrieb sich an der Ruhr-Universität in Bochum ein. Doch schon der erste Tag war ernüchternd: „Ich kam in die Uni und das Erste was ich von einem Dozenten zu hören bekam, war, dass wir mit dieser Profession weder reich noch berühmt werden würden“.
Wie schwer es sein muss, nach einem Beruf, wie dem eines Sanitäters, in die trockene und verstaubte Uni zu müssen, erfuhr Thadeusz am eigenen Leib. Er merkte schnell, dass dieser Werdegang nichts für ihn ist.
Was sich mindestens genauso interessant liest, wie die vielen skurrilen Jobs, ist der Beitritt zu den Grünen direkt nach dem Abitur. „Ich war jung und schon immer politisch engagiert. Aber ich hatte auch Angst, dass die Grünen sonst komplett vergreisen.“
Die Liaison mit der Partei hielt nicht lange. Kurz auf den Beitritt folgte, aufgrund unüberbrückbarer Differenzen, der Austritt. Es gab Probleme mit der damals herrschenden „Wollsocki“-Kultur und die linke Tendenz innerhalb der Partei gefiel Thadeusz nicht. Mittlerweile bezeichnet sich Thadeusz selbst als „echten Liberalen“ und ist gegen staatliche Regulierung und für mehr Selbstbestimmung.
Auf die Frage, was ein echter Liberaler in Deutschland zur Zeit wählt, antwortet Thadeusz: „Ist doch klar, FDP. Aber mehr aus Verzweiflung als aus Überzeugung.“
Im Verlauf des Interviews wird klar, dass liberale und tolerante Werte für ihn essenzielle Bedeutung haben. Begriffe wie „Leitkultur“ machen Thadeusz wütend und erinnern ihn oft an seine Jugend und die 1970er. Die Vorurteile, mit denen man damals konfrontiert wurde, haben ihm schon früh deutlich gemacht, dass in vielen Köpfen, viele Dinge schief laufen. „Deutschland hat keine Kultur. So etwas wie ‚die‘ Kultur gibt es nicht, dass ist nur eine Phantasie“.
Als Moderator muss er natürlich eine “beobachtende”, politische Rolle haben, auch wenn ihn Realpolitik sehr interessiert. Für ihn bestand immer der Drang, durch politische Mittel sein Denken zu manifestieren und es faszinierte ihn, welche Möglichkeiten man heutzutage als „normaler“ Bürger in der Politik hat. Begeistert erzählt er von einer Bekannten, die durch politische Partizipation ihren Acker vor der Bebauung gerettet hat und es wird klar: ein bisschen brennt er schon für das Ganze.
Am Ende des Gesprächs bleibt ein verschwommenes Bild. Es fällt schwer, Jörg irgendwo einzuordnen, es gibt keine Schublade, in die er passt. Aber vielleicht ist das auch richtig; vielleicht ist das eine der Qualitäten, die einen guten Moderator auszeichnen. Wenn man sich nie festlegt, ist man wohl besser in der Lage, offen zu sein und als Moderator neutral zu agieren. Manchmal ist gar nichts eben mehr.
Von Celal Cagli