Gutes Wissen, schlechtes Wissen

In meinem Bücherregal steht kaum ein Buch. Darum fällt eines umso mehr auf: „Bildung – Alles was man wissen muss“ lautet der Titel. Eigentlich eine reizvolle Vorstellung, ein Buch von knapp 700 Seiten zu lesen und sich danach einen gebildeten Menschen nennen zu dürfen.  Doch spannender: Gibt es Dinge, die ein Mensch nicht wissen darf, wenn er gebildet erscheinen möchte? Wissen, das noch schädlicher als Unwissenheit ist?„Es macht Spaß, Schwanitz zu lesen. Und man lernt eine Menge dabei“ meint die Zeit. Na, dann muss es ja stimmen! Dietrich Schwanitz, das ist übrigens der Autor. Ich kann nicht glauben, dass jemand ein so umfangreiches Werk wirklich komplett gelesen haben soll, nur um diese kurze Kritik dazu abzugeben. Die schummeln doch! Ich blättere mich durch die Seiten. Geschichte Europas, Kunst, Kultur, Weltbilder, Sprache – so weit, so gut, so langweilig.

Dann, kurz vor dem Ende, auf Seite 610 die Erlösung. Das Kapitel heißt „Was man nicht wissen sollte“. Und jetzt wird es spannend. Was sollte man heute schon nicht wissen dürfen? Schließlich sind wir doch alle so wahnsinnig tolerant, unsere Regierung transparent und unsere Gedanken frei. Oder etwa nicht?

Peinliches Wissen

Es geht los. Punkt Eins: Details über das Leben der Royal Family. Über Klatsch und Tratsch des Ehelebens von William und Kate weiß nur derjenige Bescheid, der selbst emotional unausgeglichen ist und viel zu viel Zeit hat. Die Betroffenen stehen auf der gleichen Verzweiflungsstufe wie Fans schnulziger Liebesromane. Also: Obacht!

Der zweite kritische Punkt ist das Fernsehprogramm. Natürlich dürfen auch gebildete Menschen fernsehen, aber bitte nur die Tagesschau, Anne Will und den Tatort. Vielleicht hin und wieder einmal „Schlag den Raab“ – schließlich ist das schon Kult und damit wieder legitim. Wer allerdings Formate wie „Mitten im Leben“ und andere RTL Nachmittagssendungen kennt, ist entweder Schriftsteller, Schauspieler oder arbeitslos. Oder eben alles drei zusammen. Dieser sitzt schon mittags mit Bier und Zigarette auf dem Sofa, anstatt brav den Sommernachtstraum in Originalfassung zu lesen und dabei Vivaldi zu hören.

Was für das Fernsehen gilt, zählt natürlich auch bei den Printmedien. Regenbogenpresse kauft sich Niemand, nein, wenn überhaupt liest man sie aus Versehen im Wartebereich beim Zahnarzt. Themen wie Gesundheit, Schönheit, Essen und Sex werden nur diskutiert, wenn sie einem höhen Zweck dienen. Wenn ein bestimmtes Pflegeprodukt nicht mehr gekauft wird, weil die Industrie es an Tieren testet oder die Vernissage mit Aktmalerei in aller Munde ist.

Übeltäter: Die Gesellschaft

Aber wer schreibt das vor? Wer bestimmt, was sinnvolles und was unnützes Wissen ist? Einfache Antwort: Die Gesellschaft. Das heißt, wir alle, denn nichts anderes ist die Gesellschaft.

Und so sind vielleicht unsere Gedanken frei, unsere Kommunikation hingegen von Vorurteilen und Ängsten bestimmt.  Ein Fakt, der nun wirklich sinnfrei ist. Wir sollten anfangen, uns alle nicht so ernst, allerdings gleich ernst zu nehmen. Uns durch nichts, was wir haben, wissen oder sind, jemand anderem über- oder unterzuordnen und die Welt in ihren Facetten zu sehen, anstatt in simplem Schwarz und Weiß. Denn sind wir mal ehrlich: Am Ende schmeißt doch jeder nur mit Halbwissen um sich und das sollte wenigstens Freude machen!

Von Kim von Ciriacy

Bildnachweis: https://unsplash.com

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