Nachdem das britische Unterhaus vor gut einem Monat formell aufgelöst wurde, öffnen heute um 7 Uhr britischer Ortszeit die Wahllokale. Die aktuell mehrheitlich konservative Legislative des Vereinigten Königreichs soll neu bestückt werden. Laut aktuellen Umfragen, wird Großbritannien jedoch keine konservative Mehrheit mehr wählen und vereint scheint das Königreich schon gar nicht mehr zu sein.
The Conservatives: „Brexit means Brexit“
Vor dem EU-Referendum waren die Tories noch klar gegen einen Ausstieg. Nun soll in der nächsten Legislaturperiode einer klaren Linie gefolgt werden: „Ihr wolltet es so und jetzt löffeln wir die Suppe auch aus.“ Theresa May will die Verhandlungen schnell und hart mit der EU-Spitze durchführen. Doch wenn man eine Suppe zu schnell isst, kann man sich die Zunge verbrennen.
Der Plan sieht so aus: Aktuelle EU-Gesetze in UK-Gesetze werden umgewandelt oder einfach aussortiert. Ein Immigrationsgesetz für EU-Bürger wird kommen, wie es aussehen soll, weiß keiner. Und die Interessen von Schottland, Wales und Nordirland werden berücksichtigt – Indianerehrenwort. Immerhin: Bürger aus anderen EU-Staaten dürfen irgendwann weiter im Land arbeiten und leben.
Die Labour Party schlürft mit
Auch zuerst noch gegen den Brexit, folgt die Labour Party der gleichen Auffassung wie die Tories. Aber: die Beziehung zur EU soll sehr eng bleiben und der Ausstieg langsam und weich erfolgen. EU-Verbraucherrechte und EU-Umweltschutz sollen bleiben, sowie der zollfreie Zugriff auf den EU-Markt. Garantierte Rechte für andere EU-Bürger, die auf der Insel leben und arbeiten, sollen es nach der Labour Party immerhin ab dem ersten Brexit-Tag geben.
Zusammengefasst: wir lassen alles beim Alten, zahlen aber nichts mehr in die EU ein – Deal!
Die liberalen Demokraten wollen ein neues Referendum, wie die englische und walisische Green Party, und die schottische Nationalpartei will nochmal versuchen ganz aus dem ungeeinten Königreich rauszukommen. Der „guard dog of Brexit“, die UK Independence Party, passt derweilen zähnefletschend auf, dass der Brexit auch wirklich passiert.
Umfragen vs. Wettbüros
Im Vergleich zu 2015 werden laut Umfragen von YouGov die Tories Sitze verlieren und die Labour Party Sitze dazugewinnen. Eine alleinige Mehrheit im Unterhaus würde so keiner der beiden Parteien erreichen. Was diese Prognosen bedeutetn Genau so viel, wie Clinton jetzt die erste weibliche Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika ist.
Nach dem Motto „voice of the crowd“ ist der Blick in die Wettbüros interessant. Mit einer durchschnittlichen Quote von 7/1 liegt die Labour Party auf die Wette „most seats“ vorn. Immerhin jede zweite Wette wurde auf dieses Pferd gesetzt. Die Konservativen „erhalten“ nur ein Drittel der Wetten.
And the winner is..?
Die Wahl wird eng. Theresa May hat mit ihren Konservativen seit Ankündigung einer Neuwahl stetig an Wählern verloren und somit ihre alleinige Mehrheit nach und nach abgebaut. Fakt ist nur eins: egal ob hart oder weich, der Brexit wird kommen und uns in den nächsten zwei Jahren beschäftigen.
Von Adrian Smiatek
Bildnachweis Titelbild: Von byronv2 [CC BY-NC 2.0] via flickr
Bildnachweis Bild im Text: Von uk_parliament [CC BY-NC 2.0] via flickr