Die Idee ist nicht mehr ganz frisch: Bereits 1975 war die Steinzeitdiät Titel eines Buchs. Doch besonders in den letzten Jahren erfreut sich diese Ernährungsweise großer Nachfrage: Ernähren wie in der Steinzeit sei gesund, schließlich habe sich unser Körper über Hunderttausende von Jahren an die Ernährung als Jäger und Sammler optimiert. Niemals Brot, Nudeln, Käse oder Wein. Dafür große Mengen an Fleisch und frischem Obst. Details zu Paleo findest Du hier.
Die Paleo-Diät (die eigentlich Paläo heißen müsste, aber wer in der Steinzeit kümmert sich schon um Rechtschreibung?) soll der Schlüssel zu langfristiger Gesundheit sein. Es wird gesagt, dass industriell verarbeitete und mit Chemie „gepimpte“ Lebensmittel unserer Gesellschaft krank machen. Paleo dagegen soll gesund halten, zu einem schlanken, fitten Körper, reiner Haut und generellem Wohlbefinden verhelfen.
Ob das stimmt, erfahrt ihr hier in meinem kleinen Selbstexperiment: Wie wirkt es sich aus, wenn man ernährungstechnisch für eine Woche zurück in die Steinzeit reist?
Erster Tag – im Dauerhunger
Man sagt, das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages. Anstatt morgens wie gewohnt zum Schoko-Müsli oben links im Regal zu greifen, habe ich mir heute ein Ei gebraten. Danach ging es zur Uni, doch schon nach der ersten Stunde wurde ich hungrig. Sehr hungrig. Richtig hungrig. Aber ein Brötchen vom Bäcker holen oder schnell einen Kakao? Fehlanzeige.
Noch schlimmer wurde es dann beim Lebensmitteleinkauf. Glaubt mir: Es ist wirklich sehr schwer, mit grummelndem Magen an Schokolade und Gummibären vorbeizugehen und dafür Brokkoli und Rosenkohl (und ein Steak) in den Einkaufskorb zu legen. Zu Hause angekommen, habe ich die Einkäufe sofort verkocht und nun, circa 2 Stunden später: schon wieder Hunger. Meine Gedanken kreisen um Pizza. An Paleo muss sich mein Körper definitiv noch gewöhnen.
Zweiter Tag – Matcha latte mit Mandelmilch
Zum Frühstück gab‘s heute zwei Spiegeleier. Trotzdem schon nach einer Stunde wieder Hunger. Und heute bin ich müde. Da ich den Geschmack von Kaffee nicht mag, bringe ich mich sonst mit einem großen, süßen Kakao in Schuss, in dem ich einen Espresso schütte. So gibt’s Koffein, aber ohne Kaffeegeschmack. Aber das geht natürlich nicht ohne Milch, Kakao und Zucker. Also heute einen Espresso pur. Schrecklich, aber heute lebensnotwendig.
Mittags habe ich es tatsächlich geschafft, für drei Stunden satt zu bleiben – dank Hühnerspießen und Süßkartoffeln. Zu Hause gab es dann einen homemade Paleo-Matcha-Latte (hier gibt’s das Rezept). Immerhin muss es sich ja auch lohnen, im Reformhaus zwanzig Euro für Mandelmilch, Kokosmehl und vegane Schokolade auszugeben. Ich bin ein absoluter Matcha-Fan und überaus begeistert davon, dass es auch ein paleo-taugliches Rezept gibt. Dieser Matcha-Latte ist aufgrund der Mandelmilch, die eigenartig nach Play-Doh-Knete schmeckt und riecht, gewöhnungsbedürftig. Aber mit der richtigen Menge an Vanille und Honig durchaus genießbar!
Dritter Tag – der Hunger ist weg, der große Durst ist da
Zum Start in den Tag gab es – Spiegeleier. Aber immerhin habe ich es aus der „Ich-habe-ständig-Hunger-Phase“ rausgeschafft und befinde mich jetzt in der „Ich-bin-ununterbrochen-durstig-Phase“. Will heißen: Ich habe heute gefühlte zwei Liter Tee und drei Liter Wasser getrunken. Und ja, ich habe immer noch Durst.
Das Berliner Wetter war einfach super! Und daher wurde ich zum Grillen eingeladen. Blöd nur, wenn man darauf bestehen muss, dass einem das Steak in Olivenöl gebraten wird. Und noch zehn weitere kleine Extrawünsche. Schließlich darf man zusehen, wie alle sich mit süßem Tiramisu vollstopfen, während man selbst ein Glas Wasser vor sich stehen hat.
Vierter Tag: Der Paleo-Schokoladen-Flash
Das Frühstück kommt mir langsam aber sicher zu den Ohren raus. Ich muss mich definitiv nach einer Alternative umsehen! Als ich anschließend etwas Zeit hatte, habe ich das zweite richtige Paleo-Rezept ausprobiert: Mousse au Chocolat.
Das Rezept dazu war sehr simpel und die mit Schokolade gefüllten Gläser verschwanden schnell im Kühlschrank, um für einige Stunden abzukühlen. Meine Vorfreude war enorm groß, weil ich eine totale Naschkatze bin! Das Resultat sah jedoch etwas anders aus, als auf den Online-Bildern, zumal es wahrscheinlich auch die dreifache Menge war. Im Endeffekt dachte ich mir: „Je mehr, desto besser!“ Und als ich dann endlich probieren konnte, war mein Tag gerettet. Endlich mal wieder etwas Süßes, Schokoladiges: Paradise is here. Abends im Sushi Restaurant gab es dann aber wieder nur Lachs-Sashimi.
Fünfter Tag: Paleo-Kochen macht mir langsam Spaß
Leider habe ich noch keine Paleo-Frühstücksalternative gefunden, daher gab es wieder nur ein Spiegelei. Es ist immer noch enorm schwer den süßen Versuchungen und Kohlenhydraten zu wiederstehen. Man braucht definitiv seine Zeit, um sich an das Essen zu gewöhnen.
Um etwas Schönes zu kochen und zu backen habe ich extra einen Ausflug in die Galeries Lafayette gemacht und mir frisches Fleisch, Kartoffeln und vegane Schokolade mit 99% Kakaogehalt gekauft. Das hat natürlich alles seinen (etwas teuren) Preis, aber es ist ja nur noch für zwei Tage!
Mit der Schokolade habe ich heute wieder ein tolles Paleo-Rezept ausprobiert und einen Schokoladenkuchen gebacken. Wieder war das Rezept einfach und schnell nachgemacht. Das Resultat war an sich überragend! Aber ich muss gestehen, mehr Honig als Zuckerersatz hätte auch nicht geschadet: Der Kuchen war überhaupt nicht süß. Aber abgesehen davon definitiv etwas, das man öfter backen kann.
Sechster Tag: Thank god for bacon!
Es ist der vorletzte Tag und erst jetzt fällt mir ein, dass ich mir Bacon zu meinem Spiegelei machen kann. Alternative gefunden, Heureka! Langsam genügt mir das kohlenhydratarme Essen. Am Abend gab es wieder jede Menge Fleisch und ziemlich viel Brokkoli, und zum ersten Mal diese Woche hat es mich tatsächlich satt gemacht.
Während die Essgewohnheiten besser werden, geht es mir immer schlechter: Ich habe sehr starke Kopfschmerzen und meine Haut ist auch nicht wirklich besser geworden – eher im Gegenteil. Ob das sich am letzten Tag noch ändern wird?
Letzter Tag: Vorfreude auf Zucker
Ja, Bacon war eine sehr gute Idee. Aber heute neigt sich meine Paleo-Woche dem Ende zu und ich versuche alles zu verkochen, was noch übrig ist. Ich habe definitiv eine spannende, aber auch qualvolle Woche verbracht und freue mich schon sehr auf morgen – endlich wieder Zucker und Kohlenhydrate!
Fazit: Tagsüber Stimmungsschwankungen, aber nachts toll geschlafen
Wer dauerhaft abnehmen möchte, sollte Paleo auf jeden Fall ausprobieren. Jedoch muss man damit auch die vielen Stimmungsschwankungen in Kauf nehmen! Außerdem kann ich sagen, dass Paleo um einiges schwieriger zu bewältigen ist, als vegane Ernährung, bei der man noch vieles essen kann.
Die Lebensmittel, die ich gekauft habe, waren sehr teuer. Um Paleo zu leben, muss man also tief in die Tasche greifen. Für einen Einkauf, der zwei bis drei Tage gehalten hat, habe ich durchschnittlich vierzig Euro ausgegeben – alles Bio, Fair Trade, oder speziell aus dem Reformhaus. Von besserer Haut, weniger Krankheiten und ähnlichem habe ich nichts bemerkt. Das einzige, was sich verändert hat, ist, dass mein Schlafrhythmus besser wurde. Die einzige Sache, bei der ich nie gedacht hätte, dass sie sich ändern würde, hat sich durch Steinzeiternährung verändert.
Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass eine Woche in der Steinzeit meinem Körper gut getan hat – immerhin habe ich fast 3 Kilo abgenommen! Aber mein Kopf hat mich fast in den Wahnsinn getrieben. Immerzu hatte ich Stimmungsschwankungen, Hunger, Durst und war einfach nicht konzentrationsfähig. In der Steinzeit wäre ich wohl unausstehlich gewesen.
Von Fanny Huth