New York: Gut fürs Business, schlecht für die Kunst

„If I can make it there, I’ll make it anywhere“: Na klar, das ist New York. Die Modemetropole ist wirtschaftlicher Dreh- und Angelpunkt und immer noch der Traum vieler erwartungsvoller Berufsanfänger. Alle hoffen, in New York die ganz große Karriere zu machen oder wenigstens einmal wie bei Sex and the City „Love and Labels“ zu finden. 

Doch New York verspricht zu viel, was es nicht halten kann: Die Lebenshaltungskosten und vor allem die Mietpreise haben ein Leben dort nahezu unmöglich gemacht. Der Künstler und Ur-New Yorker Robert Viscusi floh vor all dem nach Berlin. Im Interview erzählt er von den Beweggründen.

Robert lernte ich abends in einer Berliner Bar kennen. Ich stand neben ihm an der Theke, er drehte sich zu mir und sagte ihm gefielen meine Ohrringe- sofort sympathisch. Wir kamen ins Gespräch und ich erfuhr, dass er Filmkünstler ist und deswegen von New York nach Berlin gekommen war. Ich muss sehr irritiert ausgesehen haben und ich fragte ihn, bei Wein und Zigarette, warum um alles in der Welt man von New York nach Berlin zieht- ich dachte immer New York sei das Ziel, nicht der Start.

„In den 70er und 80er Jahren war der Immobilienmarkt in New York noch erschwinglich. Vor allem Künstler brauchen viel günstigen Platz, damit sie sich entwickeln können, das war damals alles noch möglich, heute nicht mehr.“ Obwohl Robert sich wünscht, schon viel früher nach Berlin gezogen zu sein, noch bevor die Stadt zur Trendstadt wurde, scheint er in seiner Wahlheimat das gefunden zu haben, wonach er gesucht hat: eine Stadt, in der man nicht arbeitet, um zu überleben. „New York hat in den letzten Jahren viel an Kultur verloren und sich zu einer reinen Business-Stadt entwickelt.“

Arbeiten, um zu überleben: So ergeht es vielen New Yorkern heutzutage. Mit einfachen Jobs im Dienstleistungsbereich, ist ein Leben kaum zu finanzieren. Denn die Lebenshaltungskosten stehen in keinem Verhältnis zu den Löhnen. In einer teuren Stadt zu leben, heißt nicht automatisch, mehr Geld zu verdienen. Viele bleiben in New York, da sie am Existenzminimum leben und ihnen schlicht das Geld für einen Neuanfang woanders fehlt.

Als ich Robert nach einer Prognose fragte, wann die Immobilienblase in New York platzen wird, überlegte er eine ganze Weile: „New York ist ein nicht aufrecht zu erhaltenes System. Die Stimmung dort fängt gerade an sich aufzuheizen. Ich denke es wird noch circa sieben Jahre dauern, bis das Finanzsystem zusammenbrechen wird.“

So oder so ist Robert erst einmal froh in Berlin gelandet zu sein und sich hier eine eigene Wohnung leisten zu können. Denn 450€ für 30qm sind für ihn „cheap as fuck“.

Von Julia Lehrter

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