DJ Alexander Pushkin im Interview: „Meine Aufgabe ist es, die Leute glücklich zu machen!“

Es gibt diese Woche einen guten Grund mehr, einen Club zu besuchen: Man kann die Geburt der Disco in Deutschland feiern. Im Oktober 1959 wurde in Aachen mit dem Scotch-Club die erste richtige Discothek in Deutschland eröffnet. Das Neue: Nicht mehr eine Band machte die Musik, sondern ein Entertainer, der Schallplatten auflegte und dazwischen Witze erzählte und die Songs anmoderiert. Quasi eine Art Live-Radio, zu der man ordentlich schwoofen konnte.

Heute heißen die Discos nicht mehr Discos, sondern Clubs. Und aus den Witzchen zwischen den Songs, sind Motivationsrufe geworden – man erinnert sich an Scooters Hyper, Hyper). Und auch Songs (einzelne Musiktitel mit der durchschnittlichen Länge von 3 Minuten) stehen nicht mehr im Mittelpunkt, sondern die möglichst durchgängige Erzeugung einer Rhythmus-Kulisse, zu der sich lange und schnell tanzen lässt.

Wie heute Disco-Schrägstrich-Club funktioniert und wie man eine Beziehung zum Publikum aufbaut, hat uns der Berliner DJ Alexander Pushkin erzählt.

Terminal Y: War es immer dein Wunsch, DJ zu werden?

Alexander Pushkin: Das habe ich nicht geplant. Es war eine Reihe von Ereignissen, Zufällen und Bekanntschaften. Ich bin genau wie viele meiner Kollegen ein Quereinsteiger. Es gibt ja heute viele verschiedene Schulen, wo man in wenigen Monaten oder sogar Wochen ein DJ werden kann. Ende der neunziger Jahre waren wir Selbstlerner. Aber wir waren selbstbewusst und von der Musik begeistert.

Angenommen, ich habe den Wunsch, DJ zu werden und ich habe schon einen Fachkurs absolviert. Was brauche ich noch?

Hauptsächlich muss man nur eine eigene Musikkollektion haben. Jeder Club ist mit allen notwendigen Geräten ausgestattet.

Und wie werden die Clubmanager reagieren, wenn sie sehen, dass ich eine Frau bin?

Es gibt keine Stereotypen mehr. Wenn eine Frau gut Musik spielen kann – nur Respekt! Die Frauenquote in der Branche ist ungefähr 30%. Ich spreche aber über richtige DJs und zähle nicht die Mädels, die in verschiedenen zweifelhaften Projekten auftreten.

Was meinst du?

Es gibt zum Beispiel ein Projekt, in dem sich Mädchen selbst als DJs vorstellen, machen aber nur eine Show. Sie stehen im Bikini vor dem Computer, spielen Musik vor und irgendwann ziehen das Oberteil aus. Glaubst du, dass das Publikum begeistert war? Ganz im Gegenteil. Viele waren der Meinung, dass diese Performance nichts mit richtiger DJ-Arbeit zu tun hat. Aber gut, wenn man nichts außer Busen hat, kann man damit auch Geld verdienen.

DJ Alexander Pushkin bei der Arbeit (2011)

Zur Geldfrage. Der allgemeinen Meinung nach verdienen DJs gut…

Ist aber nicht so. Es gibt nur wenige DJs, die mit ihrer Arbeit richtiges Geld verdienen. Um das zu machen, muss man viel Zeit investieren und einige Sachen wie Privatleben oder Familie zur Seite legen oder sogar aufgeben. Für die Mehrheit, ist das Vorspielen von Musik nur ein Hobby. Zwischen meinen Kollegen sind IT-Fachleute, Fahrer, Krankenpfleger und viele anderen Berufe. Ich arbeite selber von Montag bis Freitag in einer Branche, die ganz weit weg von Musik ist.

Am Wochenende bist du aber ein Musikzauber. Wie bereitest du dich vor?

 Ich weiß, wo ich spielen muss und sammle passende Musik ein. Es ist wirklich viel. Zu jeder Party nehm‘ ich ca. 300-350 Platten mit. Ich kenne meine Musik und kann ganz schnell auf die Situation im Club reagieren.

Kannst du auch komplett die Musikrichtung wechseln?

 Ich kann variieren, aber nicht radikal. Ich bleibe immer im Rahmen meiner Richtung. Ich bin seit langer zeit mit House und Techno beschäftigt und präsentiere mich als DJ, der nur in diesem Bereich arbeitet. Manchmal kommen aber Leute zu mir und bieten darum, was anderes zu spielen. Ich erkläre erst mal, dass ich keine Bestellungen vorspiele. Oft ist es genug. Bei inständigen Bitten kann ich auch kurz angebunden sein. Weil es nervt wirklich!

 Bedeutet das, dass deine Musik dir wichtiger als dein Publikum ist?

Natürlich ist eine von meinen Aufgaben, die Leute glücklich zu machen. Das geht aber nicht immer. Es gibt bei jeder Party einige, die unzufrieden sind. Aber es sind meist nur ein oder zwei aus Hunderten! Man geht nicht zum Italiener, wenn man Chinesisch essen will. Mein Publikum, das meine Musikrichtung mag, wird immer von meiner Arbeit begeistert sein.

Das Interview führt Lada Osornina

Bildnachweis: www.pushkin.berlin

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