Viele Studenten gehen ein Mal während des Studiums ins Ausland und haben tatsächlich Angst, aufgefressen zu werden. Aber was passiert, wenn man da ist? Einsichten aus dem Leben eines Erasmus-Studenten.
Für mich hieß es vor einigen Monaten Koffer packen und auf nach Spanien. Nachdem in Deutschland alles geklärt war, ging es für mich schon zwei Tage nach der letzten Klausur los. Als ich ankam, wusste ich natürlich absolut nicht, was auf mich zukommen würde. Ich hatte noch keine Wohnung, kannte niemanden – schon ein mulmiges Gefühl.
Schon wenige Tage, nachdem ich gelandet war, begann meine Einführungswoche an der Uni. Da ich ganz alleine her gekommen war, hatte ich anfangs natürlich total Panik. Das ganze wurde nicht besser, als ich im Bus sitzend realisierte, dass ich an meinem ersten Tag auf jeden Fall zu spät kommen würde. Tatsächlich kam ich fast eine ganze Stunde zu spät – super alle Augen auf mich gerichtet. Letztendlich war das aber doch gar nicht so schlimm, wie ich es mir ausgemalt hatte.
Am ersten Tag fand gleich ein Speed-Friending mit einigen spanischen Studenten statt, was gar nicht so einfach war, da tatsächlich so einige Spanier absolut kein Wort Englisch sprechen. Als wir danach Essen gingen, war ich ziemlich überfordert – in Spanien gibt es nämlich häufig keine Speisekarte, sondern einige Menüvorschläge werden einfach vom Kellner erzählt. Da ich ihm nicht wirklich folgen konnte, bestellten die Spanierinnen für mich mit. Was auf meinem Teller landete war sehr interessant. Während die Spanierinnen direkt los aßen, musste ich erstmal gucken, wie man diesen milchigen Reis, die Pommes, das Spiegelei, das Würstchen und die gebackene Banane auf meinem Teller elegant zu sich nimmt.
Das Essen ist nicht das Einzige, das sich von Zeit zu Zeit sehr interessant gestaltet. Ich bin nach wie vor verwundert, dass es hier im Supermarkt Toast ohne Rand gibt – was machen die hier mit dem Rand? Außerdem ist in Spanien scheinbar alles, was bei uns in Deutschland schon süß ist, einfach noch süßer.
Was ich an Spanien mittlerweile liebe, ist die Gelassenheit, an die ich mich anfangs allerdings erstmal gewöhnen musste. Wenn der Bus nicht kommt, kommt der eben nicht – chill und trink’ nen Kaffe, in ’ner halben Stunde kommt doch schon der Nächste!
Das Busfahren generell ist in Spanien etwas spezieller, als in Deutschland. Die Haltestellen haben grundsätzlich keinen Namen und auch keine Fahrplanauskunft oder ähnliches. Wenn Du den Bus dann glücklicherweise erblickst, hält dieser nicht, wenn Du ihn nicht ausdrücklich zu Dir winkst, also immer schön aufmerksam sein! Was das Busfahren zudem sehr interessant macht, ist, wenn der Busfahrer einen Bekannten auf der Straße sieht. Dann wird nämlich gerne mal angehalten, die Tür geöffnet und erst einmal ein kurzer Plausch gehalten, wie es denn der Familie geht etc.
Für Erasmus-Studenten gibt es viele Angebote, wie zum Beispiel einen internationalen Abend. Hier kommen dann beispielsweise an einem Tisch Leute zusammen, die deutsch sprechen und spanisch lernen wollen und umgekehrt. So lernt man einerseits die Sprache schneller, andererseits lernt man so natürlich auch sehr schnell neue Leute kennen.
Da die Spanier allgemein sehr offen sind, war es für mich nie wirklich ein Problem, neue Leute kennenzulernen. Auch wenn die Verständigung manchmal über Hände und Füße läuft, sind mir gegenüber immer alle sehr geduldig und versuchen mich zu verstehen.
Trotz anfänglicher Schwierigkeiten bin ich sehr froh, den Schritt gemacht zu haben und kann es nur weiterempfehlen ins Ausland zu gehen. Die Entscheidung, ein halbes Jahr mit Erasmus zum Beispiel nach Spanien zu gehen, habe ich bisher nicht eine Sekunde lang bereut. Natürlich vermisse ich Familie, Freunde und Kollegen aus der Heimat, aber alle Erfahrungen, die ich hier schon machen durfte, sind es wert. Außerdem kann ich jetzt schon so einiges von hier mitnehmen, zum Beispiel werde ich mich nie wieder über die BVG ärgern, wenn meine Bahn mal wieder nicht kommt. Statt in 20 Minuten, kommt in Spanien der nächste Bus nämlich erst in einer halben bis einer ganzen Stunde und dann zusätzlich mit Verspätung!
Von Denise Uspelkat