„Alkohol ist die letzte Goldgrube Berlins“: Rebecca Brodsky im Interview

Rebecca Brodsky zog 2011 nach Berlin und eröffnete 2013, zu einer Zeit in der hippe Cocktailbars in Mitte regierten, ihren anti-hippen Club Larry. Im Alter von 24 Jahren war sie damals die Jüngste Clubbetreiberin Berlins. Heute befindet sich das Larry mitten in einem Umzug und feiert bald sein viertes Jubiläum. Ein Interview mit Rebecca Brodsky, Gründerin des Berliner Clubs Larry.

Terminal Y: Was gab dir mit 24 Jahren den Mut, eine Bar in einer Stadt wie Berlin zu eröffnen, wo es bereits hunderte von Clubs und Bars gibt?

Rebecca: „Ich hatte Mode-Design studiert und kam nach Berlin wegen eines Jobs, aus dem nie was wurde. Ich musste also dringend irgendwo Geld verdienen. Und ich dachte mir so: Alkohol ist die letzte Goldgrube Berlins. Und ja, von da an ging alles sehr schnell, und Larry war geboren.“

Warum Larry?

„Ich habe ihn nach etwas benannt, was mein Vater früher immer sagte: ‚Häng mal nicht den Larry raus‘. Larry – das ist Slang für einen Angeber, eine Show abziehen, sich wichtig machen, Randale. All das was der Club sein sollte.“

Wie sollte das Larry in deiner damaligen Vorstellung werden?

„Ich hatte so ein Buch voller Photographien aus 90er Technoclubs, und so habe ich mir das Larry vorgestellt, nach der Philosophie: Man lässt einfach alles wie es ist und stellt nur einen Tresen, ein Paar Stühle und ein paar Sitzgelegenheiten rein. Kein Design-Kram, nichts in Richtung High-End-Bar. Man sollte tatsächlich nur wegen der Musik herkommen – und so fing alles an. Der Rest war für mich komplett unwichtig.“

Was für Musik spielt ihr?

„Eigentlich spielen wir zum Großteil 80er, 70er, ein bisschen 90er. Ich sag immer, wir spielen alles, was gerade nicht ‘in’ ist. Ich möchte nicht als die neuste ‘hippe’ Bar bekannt sein. Wir sind definitiv eher anti-hip!“

Wer oder was ist deine größte Inspiration?

„Paul Raymond. Er war Clubbetreiber von Erotikclubs in den 70ern. Ich mag die Art, wie er das Nachtleben gesehen hat und die Art, wie er seinem Club Relevanz geschaffen hat. Er hatte eben diese Denkweise, jede Publicity ist gute Publicity. Das Schlimmste wäre, wenn man überhaupt nicht über uns redet! Das finde ich inspirierend.“

Was ist das Beste daran, Clubbesitzer zu sein?

„Das Beste daran ist, dass du mit deinen Freunden abhängen kannst, wann immer du willst. Du musst dich nicht mit jemandem verabreden, die Leute kommen sowieso zu dir. Man lernt auch viele Leute kennen – wahnsinnig viele Leute, die mir auch wichtig sind, habe ich im Larry kennen gelernt.“

Was würdest du jungen Menschen raten, die wie du einen Club aufmachen wollen?

„Mach’s nicht, wenn du keine dicke Haut hast. Es wird immer jemanden geben, der nicht zufrieden ist, und die Konkurrenz ist natürlich groß. Du brauchst gute Nerven und einen Geschäftssinn, und selbst dann, könnte es nicht reichen.“

Das Larry steht ja jetzt kurz vor einem Umzug – was ist das Motiv dahinter?

„Nach vier Jahren finde ich, dass der Laden, so wie er ist, nicht mehr so richtig funktioniert. Die Crowd, die am Anfang vom Larry angezogen wurde, ist einfach nicht mehr da. Ich glaube, die Szene tendiert immer dazu, sich in etwas zu treffen, was gerade aufgemacht hat. Zum anderen gefällt mir das Interieur nicht mehr so richtig. Ich werde ja auch älter (30, dieses Jahr) und ich möchte das ganze etwas internationaler gestalten, anstatt dieses Fucked-up-Berlin-Thema weiterzuführen. Dieser Vibe wird jetzt auch immer weniger; keiner versteht das mehr.“

Also was wird sich ändern am neuen Larry?

„Wir machen eine schlauchförmige Bar, mit einem L-förmigen Tresen und mehr Sitzgelegenheiten. Es wird nicht immer einen DJ geben und wir werden öfters auf haben, vielleicht sogar jeden Tag, das wissen wir noch nicht genau. Auf alle Fälle wird es diesmal ein bisschen mehr in Richtung Interior Design gehen.“

Was sind deine Hoffnungen und Träume für dich und für das Larry im neuen Jahr?

„Mehr Fame (lacht)! Nein, vielleicht mehr Respekt und Anerkennung von allen Leuten!

Von Luisa Goeler (dieser Artikel erschien im Original im Me&Magazine Spring/Summer 2017)

Bildnachweis: Von Patryk Baryluk mit freundlicher Genehmigung von Rebecca Brodsky, alle Rechte vorbehalten

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