„Meine Daten werden nicht von Geheimdiensten überwacht“ – das glauben laut einer aktuellen Studie 70% der befragten Deutschen. Sie alle werden ihre Meinung vielleicht schon bald ändern müssen, denn die deutsche Regierung geht mit großen Schritten auf einen Gesetzesbeschluss zur Vorratsdatenspeicherung zu.
Wen man wann wie lange von welchen Gerät mit welchem Netzanbieter angerufen hat, wissen die meisten Menschen nicht einmal selbst. Doch bald schon könnte der Staat genauestens über solche Details Bescheid wissen. Diese Daten will die Regierung nämlich sammeln und bis zu zehn Wochen lang speichern. Auch den Standort der Telefonierenden will man aufzeichnen, allerdings nur mit einer Speicherungsdauer von vier Wochen. Und wozu das Ganze? Dem Gesetzentwurf des Justizministeriums – immerhin 55 Seiten lang! – lässt sich entnehmen, dass mithilfe des neuen Gesetzes schwere Verbrechen schneller aufgeklärt werden sollen, insbesondere geht es dabei um terroristische Handlungen.
Abhören bringt keinen Fahndungserfolg
Das leuchtet zunächst ein – doch Statistiken zufolge brachten beispielsweise die Abhörmaßnahmen in den USA keinen nennenswerten Anstieg der aufgeklärten Verbrechen. Zudem verwundert es, dass gerade jetzt über ein Mitschneiden sämtlicher Telefonate diskutiert wird, wo doch in den vergangenen Monaten das Wort „Abhörskandal“ in aller Munde war und weltweit für Empörung sorgte.
Trotz aller Zweifel hat das Bundeskabinett den neuen Gesetzesentwurf Ende Mai gebilligt, nun soll der Bundestag darüber beraten. Kritik kommt dabei von allen Seiten. Kein Wunder, denn was die Bundesregierung plant, erinnert nicht nur die Bürger an die Stasi-Zeit. Auch Grüne, Linke und FDP wollen das Gesetz auf keinen Fall unterstützen – und überraschenderweise ist die Stimmung sogar innerhalb der SPD, der ja auch Justizminister Heiko Maas angehört, äußerst angespannt. Deshalb könnte es noch bis September dauern, bis der Bundestag das Gesetz verabschiedet. Bis dahin debattieren die Politiker weiter über ein für und wider der Datenspeicherung.
Minister Gespaltene Zunge
Innenminister Thomas de Maiziére gehört zu den Befürwortern des Gesetzes. Damit sorgt er für Verwunderung, betonte er vor wenigen Wochen doch noch, wie wichtig es sei, seine Daten zu schützen. Auf einem IT-Sicherheitskongress Mitte Mai sagte er, dass die Deutschen generell zu fahrlässig mit ihren Daten umgehen würden und dass er nicht verstehe, wieso sie beispielsweise E-Mails trotz der technisch gegebenen Möglichkeiten nicht verschlüsseln würden. Derselbe de Maiziére befürwortet jetzt ein Gesetz, das dafür sorgt, dass niemand mehr telefonieren kann, ohne, dass sämtliche Daten abgespeichert werden und ohne, dass man sich in irgendeiner Weise dagegen schützen kann.
Kommentar zu Vorratsdatenspeicherung
Von Pauline Schnor
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