Erdbeben in Kathmandu: Wohlhabende und Touristen zuerst

Was zurzeit in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu passiert, ist eine humanitäre Krise in ungeahntem Ausmaß. Trotz zahlreicher Warnungen und Expertenberichte, ignorierte die Regierung die anstehende Gefahr und ist nun vollkommen überfordert.

Das Erdbeben Ende April 2015 forderte bisweilen mehr als 7.200 Tote und machte 2,8 Millionen Menschen obdachlos. Dass Nepal eines der armsten Länder der Welt ist, eine fragile und nur partiell vorhandene Infrastruktur besitzt, die Krankenhäuser unzureichend ausgestattet sind und die vielen erwarteten Nachbeben erschweren die Lage zusätzlich. Die unmittelbare Nähe zum Mount Everest birgt hohe Gefahren für die unzähligen Bergsteiger, da um diese Jahreszeit Hochsaison ist. Das Beben löste vermehrt einzelne Lawinen aus, die 18 Bergsteiger mit in den Tod rissen.

Profitable Not

Es ist bemerkenswert, mit welch eingeübter Präzision und erschreckend mechanischer Koordinierung, die hiesigen Medien in ihr gewohntes Extremfall-Berichterstattungs-Muster fallen: Live Ticker, erste Augenzeugenberichte, übereifrige Korrespondenten, allwissende Experten und alles garniert mit sentimentalen Kondolenzwünschen der Kanzlerin oder des Bundespräsidenten. Was bei Charlie Hebdo, dem Germanwings Unglück und der letzten Flüchltingskatastrophe vor der libyschen Küste hoch im Kurs war, scheint sich als Status-Quo der deutschen Medienlandschaft etabliert zu haben. Doch dieses Mal fällt eine Person mehr auf, als alle anderen: Reinhold Messner.

„Zwei-Klassen-Rettung“

Der italienische Extrembergsteiger, der lange Zeit in der Politik tätig war (den Südtiroler Grünen Verdi Grüne Vërc), meldete sich kurz nach der Katastrophe in einem Interview mit dem Hessischen Rundfunk zu Wort und machte seiner Wut Luft. Er war die einzige Stimme in der Berichterstattung, die erstmals von einer Zwei-Klassen-Rettung sprach und die Öffentlichkeit auf diese Missstände aufmerksam machte.

„Es ist zynisch, dass man um die Bergsteiger am Mount Everest, die sich für 80.000 bis 100.00 Dollar diese Besteigung kaufen können, einen solchen Hype macht.“ Laut Messner hätten die Bergsteiger genügend Ärzte und Verpflegung und sollten nicht im Fokus der Rettungskräfte und der medialen Aufmerksamkeit stehen. Auch weitere Alpinisten schlossen sich Messner an, indem sie darauf aufmerksam machten, dass es z.B. noch Säuglinge oder komplette Familien gibt, die unter den Trümmern auf Hilfe hoffen. Sie kritisieren weiterhin, dass die unterschiedlichen Rettungen in keinem rationalen Verhältnis zueinander stehen würde: während Kathmandu von der Katastrophe regelrecht zerstört wird und im Chaos versinkt, werden parallel dazu reiche Touristen ausgeflogen, die keinen Nahrungsmangeln oder anderweitige Einbußen haben. Dass diese Kritik von erfahrenen Bergsteigern kommt, unterstreicht ihre Bedeutung.

Was kann ich tun?

Die vielen prognostizierten Nachbeben und das große Ausmaß der Katastrophe, erschweren die direkte Hilfe. Da man nicht genau sagen kann, in welchem Ausmaß und mit welcher Intensität die Nachbeben eintreten werden, ist es für das Erste ratsam, sich nicht in die Krisengegend zu begeben. Zurzeit werden nur professionelles Personal und internationale Krisentrupps ausgesandt. Zusätzlich erschwert die teils zerstörte, teils überlastete Infrastruktur eine Reise nach Nepal und hemmt die internationalen Bemühungen. Die einfachste und derzeit schnellste Möglichkeit, sind Sach- oder Geldspenden. Eine der bemerkenswertesten Aktionen stammte von Facebook, ist aber leider bereits abgelaufen: Spenden bis zu zwei Millionen Euro wurden von dem Internetriesen verdoppelt. Weitere Spendenaktionen findet man u.a. hier:

Bildnachweis: By Hilmi Hacaloğlu [Public domain], via Wikimedia CommonsHimalaya

Von Celal Cagli

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