Arm aber sexy – Verhütung auf Staatskosten

Für Berliner ist arm, aber sexy zu sein gar kein Problem, denn hier werden Geringverdienern die Kosten für Verhütungsmittel vom Amt erstattet. Damit ist Berlin deutschlandweit das einzige Bundesland, das diesen Dienst anbietet. Der Grund: Unterm Strich rechnet sich die Unterstützung der Familienplanung günstiger für den Staat, als die Folgekosten einer ungewollter Schwangerschaft.


Wenn am Ende des Monats die Miete, Studiengebühren, Steuern oder andere Ausgaben fällig sind, ist in vielen Haushalten kein Geld mehr für Verhütungsmittel übrig. Da „no risk, no fun“ hier nicht das Leitmotiv sein sollte, entsteht oft eine unfreiwillige Enthaltsamkeit bei den Paaren. Kein schöner Umstand, der in diesem Bundesland aber leicht gelöst werden kann. Allerdings werden mit diesem Vorteil  zeitgleich viele kritische Stimmen laut, denn letztendlich wird die Kostenerstattung von Steuergeldern getragen.  Viele fragen sich:“ ist das gerecht? Muss ich wirklich für die Verhütung anderer zahlen?“

Fragen, die nicht ganz unberechtigt sind, bedenkt man, dass die Anti-Baby-Pille bis zum Alter von 21 Jahren ohnehin von der Krankenkasse bezahlt wird. Sollte man in diesem Alter nicht in der Lage sein selbst für seine Verhütungsmittel aufzukommen? Doch junge Erwachsene haben es nicht leicht in Berlin, denn die Zahl der Arbeitsuchenden und Geringverdiener ist hier beachtlich hoch. Zwar verzeichnet die Stadt, laut Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, stetig sinkende Arbeitslosenzahlen, allerdings kann bei einer Quote von 11,7% im Jahr 2013 noch nicht von einem eindeutigen Erfolg gesprochen werden.

Verhütungsmittel sind ein gewaltiger finanzieller Posten

Aber ist Verhütung denn wirklich so teuer, dass finanzschwache Paare sich diese nicht leisten könnten? Die Pille kostet laut pro familia zwischen 5 und 21 Euro im Monat. Rechnen wir pauschal mit 15 Euro, sind das 180 Euro im Jahr. Kondome liegen zwischen 0,30 und 1,00 Euro . Für 180 Euro im Jahr kommt man da also auch recht weit. Bedenkt man, dass ein Hartz-IV Empfänger monatlich ein Budget von 14,36 Euro für den Bereich Gesundheitspflege zur Verfügung hat, heißt das: Entweder Aspirin, Hustensaft und Schmerzsalbe oder Verhütungsmittel-Beides geht nicht.

Doch auch Geringverdiener mit weniger als 718 Euro Monatseinkommen , kommen in den Genuss der Sex-Stütze, denn für sie stellen Verhütungsmittel ebenfalls einen gewaltigen finanziellen Posten dar, der nicht so leicht bewältigt werden kann. Umso wichtiger ist es für sie, dass an solch kleinere, aber bedeutende Ausgaben gedacht und diese übernommen werden. Auch Studenten gehören häufig zum Kreis der Geringverdiener und profitieren deswegen von der Finanzspritze, die  sich zu einer Art geheimen Spartipp an allen Campi entwickelt hat. Eine leere Brieftasche ist demnach kein Lustkiller mehr.

Wo und wie kann ich die Finanzstütze beantragen?

Um die Kostenerstattung zu erhalten, muss  zunächst die Bedürftigkeit nachgewiesen werden, z.B. durch Vorlage der Immatrikulationsbescheinigung, dem Bafögbescheid, eines Einkommensnachweises der letzten 3 Monate (beispielsweise in Form von Kontoauszügen) oder eines Nachweises für ALG II oder Wohngeld. Der Wohnsitz muss ebenfalls, durch Vorlage des Mietvertrages bestätigt werden. All diese  Unterlagen und das Rezept des Arztes können dann beim Zentrum für sexuelle Gesundheit und Familienplanung in Berlin eingereicht werden.

Zahl Schwangerschaftsabbrüche rückläufig

Und die Kostenübernahme zeigt Wirkung. Seit der Einführung dieses Dienstes ist die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche und damit auch die der ungewollten Schwangerschaften rückläufig-ein eindeutiger Fortschritt.

Noch sinnvoller erscheint die Kostenerstattung sogar, bedenkt man welche Auswirkungen die Alternativlösung hätte. Eine völlige Eigenverantwortung bei der Finanzierung von Verhütungsmitteln würde zu mehr Schwangerschaftsabbrüchen und ungewollten Kindern führen, was das Budget der Steuerzahler deutlich mehr belasten würde. Und nicht nur das, besonders die Finanzierung von Kondomen ist ein wichtiges Instrument bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Die Kostenübernahme scheint also in vielerlei Hinsicht die richtige Lösung zu sein. So oder so ist es schön zu wissen, dass Berlin seinen Bürgern in jeder Lebenslage zur Seite steht uns unseren Spaß gönnt- danke dafür.

Von Julia Lehrter

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.