Überrascht, wie schwer sich junge Menschen manchmal beim Verfassen von Hausarbeiten und Abschlussarbeiten tun und überrascht, wie schwächlich manches als Fachbuch herausgeputzte Werklein geschrieben ist, habe ich mir noch mal einen Artikel von Roy Peter Clark herausgesucht, der auf Basis alter rhetorischer Erfahrungen acht gute und anwendbare Strategien darstellt, mit denen jede und jeder seine „writing skills“ verbessern kann.
Schreib-Strategie 1: Schreiben Sie laut
Schreiben ist ein Codierungsvorgang, der ein synchrones Gedankenbündel zwanghaft linearisiert – also etwas ziemlich unnatürliches. Natürlicher und damit eingängiger kriegt man Texte, wenn sie sich auch gut vorlesen lassen. Und überhaupt: So wie man sich durch Schreiben Sachen besser merken kann, kann man durch Sprechen bessere Formulierungen finden. Darüber hinaus ist es hilfreich, das derjenige, der viel schreiben will/muss/soll auch viel lesen sollte. Nur so bildet man seinen Stil.
Schreib-Strategie 2: In der Weite liegt das Gute
Auch wenn man den ganzen Tag Artikel für die Lokalzeitung, Meetingprotokolle oder Bedienungsanleitungen schreiben muss: Je breiter man sein Leserepertoire wählt, desto einfacher fällt es einem, mit griffigen Formulierungen umzugehen und so gestelzte Sätze zu umgehen.
Schreib-Strategie 3: Wer viel weiß, kann auch viel schreiben
Stellen Sie sich vor, Sie wären noch einmal 6 Jahre alt. In diesem Alter werden Sie noch nichts nobelreisverdächtiges texten, schlicht weil Ihnen die Breite des geistigen Horizonts noch fehlt. Daher: Wer gut schreiben will, sollte sich möglichst vielseitig informieren. Das klingt zwar nach Bildungsbürgertum, aber nur wer eine gewisse thematische Breite hat, ist in der Lage gut zu formulieren.
Schreib-Strategie 4: Lieber überschwänglich, als langweilig schreiben
Den richtigen Ton zu treffen, ist schwierig. Bis man das schafft, sollte man sich auf jeden Fall eher um Kreativität und Inspiration kümmern, als von vornherein zu „spärlich“ zu schreiben. “Both of these kinds of narratives are faulty, yet that which springs from poverty of mind is worse than that which comes from exuberance.”
Schreib-Strategie 5: Kümmern Sie sich nicht ums Tempo
Wer gut schreibt, der kann später lernen, sein Schreiben zu beschleunigen. Wer schnell schreibt, den kriegt man allerdings nur schwerlich dazu, gut zu schreiben. Also: erst Qualität, dann Geschwindigkeit.
Schreib-Strategie 6: Setzen Sie Ihre Fähigkeiten für etwas Größeres ein
Besondere Motivation erhält man beim Schreiben, wenn man nicht für die Deadline, der Chefredakteur, den PR-Manager oder den Professor schreibt, sondern für eine größere Sache: die Aufklärung, die Wissenschaft, die Community, andere Verwender.
Schreib-Strategie 7: Schreiben Sie für Ihren Leser
Man sollte so schreiben, wie die Leser gewohnt sind, über das Thema zu schreiben / zu lesen / zu sprechen. Wenn Sie für Jugendliche eine Informationsbroschüre über Alkohol schreiben, werden Sie wohl anders formulieren, als wenn Sie eine Pressemitteilung über einen neuen Weinbrand-Flavor oder einen Beitrag über Komasaufen für eine Enzyklopädie verfassen.
Schreib-Strategie 8: Nach dem Schreiben sollst Du ruhen
Bevor man einen geschriebenen Text abschließend korrigiert, sollte man Spazierengehen, etwas Essen und am besten einmal schlafen, sprich: Zeit vergehen lassen. Diese Regel halten Profis selbst unter Termindruck ein. Je mehr DIstanz man zwischen sich und den Text bringt, desto effektiver die Überarbeitung.