Sport als Religion? Size Zero erklärt den neuen Trend im Interview

Noch nie war ein perfekt trainierter Körper so erstrebenswert wie heute. Ein Personaltrainer erklärt, warum wir diesen extremen Trend begrüßen sollten. Es scheint wie eine neue Glaubensrichtung, die gerade in der jungen Generation immer mehr Anhänger findet: Sport. Dieser rückt überraschend oft in den Mittelpunkt junger Menschen und ist mittlerweile das Thema in allen namenhaften Social Networks. Der Hashtag „Fitness“ schafft es bei Instagram auf über 56.000.000 Beiträge. Es werden fleißig Post-Jogging-Fotos gepostet und gesunde Rezepte gebloggt, alles im Namen der „eat-clean“- Bewegung. Jeder #lunged, #squatted und #worked out, denn wir sind alle #fitnessaddicted.

Man findet sich sogar in verschiedenen Konfessionen zusammen: Die einen glauben an die Macht des Squats, die nächsten predigen weder Wein noch Brot (Low-Carb ist da der Fachausdruck) zu sich zu nehmen. Fitnesstempel sprießen aus dem Boden, genau wie Fachgeschäfte für Sporternährung, die das ein oder andere Fast-Food-Restaurant bereits ersetzt haben dürften.

Den absoluten Hype erleben zur Zeit jedoch die Online Fitnessangebote.  Über eines davon stolpert man bei Facebook auffällig oft: Das Programm des Anbieters Size Zero. „Wir sind ein 70 Tage online Fitnessprogramm, das dich so gesund wie möglich zu deiner absoluten Topform bringt.“ So beschreibt der Geschäftsführer Julian Zietlow sein selbst entwickeltes Angebot.

Eine Bewegung aus uns selbst heraus

Zietlow spricht aus eigener Erfahrung, wenn er von den Problemen von Übergewichtigen in der jungen Gesellschaft spricht. Denn der Personaltrainer und studierte Fitnessökonom hatte selbst mal mehr als nur ein Pfund zu viel auf den Rippen : „Das fiese war daran, dass es immer Thema war. Egal, ob du eine gute Note in der Schule geschrieben hast, oder mal einen Kuss von einem Mädel bekommen hast, im Hinterkopf hattest du immer einen Gedanken: ich bin fett.“

Ist es also der Druck von außen, die Begutachtung der anderen, die uns seit einiger Zeit in die Fitnessstudios zerrt? Julian Zietlow empfindet den Fitnesstrend eher als Bewegung aus uns selbst heraus:  „Es ist dieses Gefühl, dass ich meinen Körper selbst beherrschen kann. Das Gefühl, dass ich in meine absolute Topform kommen kann, wenn ich es will. Früher hat es zum Leben dazugehört, dass man irgendwann krank wurde und gepflegt werden musste, heute haben wir erkannt, dass ich dieses Schicksal umgehen kann.“

Sport sollte nicht das ganze Leben sein

Fitness zum Lebensmittelpunkt zu erklären, sieht Zietlow allerdings zwiespältig: „Klar kann ich mein Leben nach dem Fitnesssport richten, doch ich muss aufpassen, dass ich andere Aspekte meines Lebens nicht vernachlässige. Ich sag mal so, Sport und Gesundheit ist wichtig, aber alle Beine des Stuhls müssen funktionieren.“ Oft zehren, vor allem junge Menschen, von dem Erfolg, den sie beim Training haben und vernachlässigen dann den Job oder die Beziehung. Doch viel effektiver ist es, das Erfolgserlebnis als Motivation für alle anderen Teilbereiche des Lebens zu sehen.

Schlankheitswahn, aber gesund sollte es sein

Krasse Schönheitsideale sind nichts Neues. Rückblickend auf den aufkeimenden Magerwahn in den 1970ern, der bis heute noch hält, kann die neue Liebe zu Fitnesssport wirklich nur begrüßt werden. Wenn auch dies ein eher radikaler Trend ist, darf man ihn als die gesunde Alternative zum Hungern sehen. Für Julian Zietlow steht dünn zu sein absolut nicht mehr im Vordergrund, wenn über Schönheit gesprochen wird: „Das Beste ist, wenn man circa 3-4 Kilo über seiner Topform liegt. Dieses Abmagern spricht absolut gegen die Evolution. Der menschliche Körper ist nicht zum Hungern ausgelegt. Bei diesen 3-4 Kilo zu viel weiß man, dass man jeder Zeit in seine Topform kommen kann, aber es ist kein Problem mal etwas darüber zu liegen.“

Bei dieser Aussage blickt man dann doch etwas irritiert auf den Namen des Programms: Size Zero. Size Zero  oder Größe 0 entspricht der Konfektionsgröße 30/32. „Dieses Programm hat absolut nichts mit der eigentlichen Size Zero zu tun. Ich wollte einen Namen der polarisiert, hier geht es nicht darum sich auf diese Größe runterzuhungern“.

Die Namensgebung hatte sogar einen ganz signifikant positiven Effekt, den Julian zuerst gar nicht bedacht hatte: Er bekam zahlreiche Dankesbriefe von Magersüchtigen, die nur durch den Namen auf das Programm aufmerksam wurden. Sie merkten, dass sie nicht hungern müssen, um gut auszusehen.

Vor Götzen wie Kim Kardashian, Beyonce und Nicky Minaj warnt Julian, werden diese zur Zeit für ihren trainierten, aber kurvigen Körper verehrt: „Gerade bei Kim Kardashian muss man sich klar machen, dass das Silikon ist und Beyonce hat einfach eine Genetik, die ihre Kurven verursacht. Jeder muss seine eigene Topform finden.“

Von Julia Lehrter

 

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