Poledance: Vom Eros-Center zu Olympia

Wie es ein Sport schaffte, sich erfolgreich vom Schmuddel-Image zu lösen und einen weltweiten Trend auslöste.

Wenn sich eine leichtbekleidete Frau anmutig zu Musik um eine Stange schwingt, ist es schwer, zu glauben, dass dies nichts mit Erotik zu tun haben soll. Doch Poledance (engl. für Stangenstanz) ist heute eine Sportart, die groß im Kommen ist. Bei Poledance handelt es sich um eine Tanzform, bei der artistische Figuren an einer fest montierten oder frei drehenden Stange durchgeführt werden. Bisher wurde der Sport nur mit dem Rotlichtmilieu in Verbindung gebracht, mittlerweile ist er vor allem in Berlin salonfähig geworden. Poledance ist sogar als Demonstrationssportart bei den olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro angedacht.

Auf den ersten Blick sieht alles ganz einfach aus

Beobachtet man Poletänzer und –tänzerinnen, bekommt man den Eindruck, das Ganze sei kein Problem und schnell gelernt. Doch der Sport bedeutet hartes Training. Das weiß niemand besser, als die Berliner Profitänzerin Lea, die auch Pole-Trainerin an einer Kreuzberger Tanzschule ist: „Das Anspruchsvolle am Poledance ist das Zusammenspiel von Koordination, Körperspannung, Kraft und Choreografie. Es dauert mindestens ein Jahr, bis Neueinsteiger die Basics erlernt haben.“

Beim Training zählt eine intensive Betreuung

Das Angebot für Pole-Training wird immer größer, doch es gibt Unterschiede zwischen den Anbietern. Einige bieten den Tanz als Fitnesssport an, andere wiederum als reine Akrobatik. Für Lea ist in ihren Trainingsstunden ein Aspekt vorrangig: „Ich habe gern kleine Gruppen. Obwohl die Nachfrage hoch ist, will ich keine Massenabfertigung in meinen Kursen.“ Leider ist der Sport sehr jung und unausgereift, sodass es noch unterschiedliche Trainingsmethoden und keine einheitliche klare Linie gibt, wie eine Trainingsstunde aussehen soll. Besucht man einen Kurs von Lea, besteht die Stunde aus einem Warm-Up, Kraftübungen wie Sit-Ups, Stretching und vor allem Wiederholungen der Übungen an der Stange. Nur so lassen sich die Techniken exakt erlernen und verbessern.

Doch wie hat es Poledance heraus aus dem Milieu geschafft und ist heute als Sportart anerkannt? Die Kurse sind schließlich mit 15-20€ für 90min nicht gerade günstig und der Erfolg lässt in vielen Fällen lange auf sich warten. Vor Blutergüssen sollte man sich ebenfalls nicht fürchten, denn Neueinsteiger reagieren meist empfindlich auf den Hautkontakt mit der Stange, sodass sich schnell und großflächig blaue Flecken bilden. Keine einladenden Voraussetzungen, um sich für den Sport zu entscheiden.

Fast alle Anfänger suchen, neben dem fordernden Krafttraining, vor allem die Herausforderung. „Ich habe nur starke Frauen in meinen Kursen, die auch den Willen haben, den Sport richtig zu lernen“, so Pole-Trainerin Lea über ihre Kursteilnehmer. Außerdem kann der Tanz gut Zuhause trainiert werden, da wenig Platz benötigt wird und sich eine Polestange in fast jede Wohnung einbauen lässt.

Vielseitiger, als man glaubt

Momentan wird Poledance noch häufig in die Erotikschiene gepresst. Zu Unrecht: Der Sport kann mit vielen anderen Tanzformen, wie beispielsweise HipHop, Ballett oder Contemporary Dance, kombiniert werden, und beweist so seine Vielseitigkeit. Akrobatik und Tanz sollen vereint werden und dadurch leicht und schwebend aussehen, nicht sexy. „Man kann viel mehr aus Pole machen,” findet auch Lea. „Ich habe Poledance schon mit Lyricaljazz kombiniert, sodass die Darstellung wirklich lyrisch wirkte“. Für die Zukunft hofft sie, den Sport aus den Clubs zu holen und auf die Bühne zu bringen.

Von Julia Lehrter

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