Was denken Zimmerpflanzen über ihre Besitzer? Ein aufschlussreiches Interview mit erleuchtenden Einsichten in das verschwiegene Leben der eingetopften Flora.
José, Jorge, Juan Carlos, die Kakteen von Bettina Müller (52), Hostesse aus Wuppertal
José: „Ein bisschen mehr liebe und Zärtlichkeit hätten wir schon verdient. Ich rede hier nicht von der Welt, aber eine gelegentliche Umarmung wäre wohl noch drin.“
Jorge: „Wir sind sehr pflegeleicht, uns kann man ja bekanntlich wirklich schwer zerstören – sie schaffte es trotzdem unsere Vorgänger zu töten, indem sie betrunken gegen sie stieß und sie in ihren Tod stürzen lies. Es ist ein Leben in ständiger Angst.“
Juan Carlos: „Ella es una puta estúpida y egoísta“
Jorge: „Juan Carlos, lern doch endlich mal Deutsch!“
Dude, die Hanfpflanze von Lars Schneider (32), Philologie Student aus Münster
„High, alles easy – Lars ist ein ganz entspannter Typ. Wobei … manchmal verschwinden ein Paar meiner Kumpels und es riecht verdächtig nach … Oh, mein Gott!“
Jessica und Ashley, die Palmen von Hans Dieter Ulrich (48), Schauspieler aus Berlin
Jessica: „Omg he‘s literally, like so cute. Isch meine er is so suss. Lezdens hatte isch Wollläuse – totally widerlisch – und er hat misch extra Lizethan-Stäbschen gekauft, und mir immer eingesprayed mit ein Spray.“
Ashley: „Omg I remember – so disgusting. Du musstest in Quarantine und isch habe disch escht lang nischt gesehen, er hat mir immer gut gegossen. Isch glaube er liebt misch wirklisch.“
Jessica: „Aber misch liebt er mehr!“
Ashley: „No way slut, misch liebt er viel mehr er hat es sogar gesagt.“
Isolde und Sieglinde, die Blumen von Gerda Schäpfle (74), Hausfrau, Mutter und leidenschaftliche Großmutter aus Donau-Eschingen
Isolde: „Ha! Die Gerda isch echt ne ganz a nette. Die tut sich echt ganz hervorragend um uns kümmorn tun, odor Siggi?“
Sieglinde: „Ha doch, i muss scho sage, die Gerda die isch toll – da ka ma gar nix sage tun. Die tut uns immor gut gießa, und dünga…“
Isolde: „Ha ja da hasch recht, des macht se echt suppor! Ha abor woisch, also wenn i a Sache bmangla darf – hei de Blitz gart – diese Engale!“
Sieglinde: „Heiligsblächle! Jeddz henn mir boide dia dubbfagleich Idee khedd. Leddschtens isch doch da dera gloine daher komma, und hat alle armen dulpen naus grissa!“
Isolde: „Do mechd oims Fiedle schwäddza.“
Kevin und Chantal, Die Sukkulenten von Justin Schmidt (22), Startup-Unternehmer
Kevin: „Alter der Justin hat uns nur gekauft weil wir jetzt plötzlich so voll Tumblr sind unso.“
Chantal: „Ey is echt so ne. Der hat gar keine Ahnung, Digga. Jetzt hocken wir hier eingequetscht in diesen scheiss Mason Jars, ey nur weil Pinterest sagt, dass das jetzt geil is.“
Die Anderen: „Genau!“
Kevin: „Boar Mädschen, aber echt gä. Der weiss nichma, dass wir gar nich so ins Haus gehören alta. Ey isch krieg hier echt viel zu wenig Licht unso.“
Barbie und Ken, die Plastikpflanzen von Martin Ullman (34), arbeitslos
…
Nach längerer Wartezeit wurde das Interview mit Barbie und Ken abgebrochen. Der vom Verlag hinzugezogene Psychologe mit botanischer Grundausbildung stellte später fest: Plastikpflanzen können nicht sprechen.
Von Luisa Goeler
Bildnachweis: Titelfoto von Anni Preg, Illustrationen von Luisa Goeler, alle Rechter vorbehalten