#berlin: Bloggen in der Hauptstadt

Sie tweeten live von der Fashion Week und instagrammen ihren Kaffee am Ku’damm – Berlins Blogger wissen, was ankommt und haben reichlich davon vor der Nase. Doch was punktet im Netz, wo das Auffallen schon offline kein Leichtes ist? 

“Etwas erschöpft lief ich den Backstage-Gang entlang und trank meinen Kaffee.” Mit diesem Satz beginnt Thommy seinen Post über die Vernissage von John Dar. Der 18-Jährige bloggt seit etwa einem Jahr und freut sich über mittlerweile knapp 1500 Leser. “Ich habe angefangen, mein Outfit des Tages zu posten und anscheinend kommt es gut an”, erzählt der Modebegeisterte.

Die Zahl der Webblogs hat sich seit 2006 weltweit verfünffacht. „Anfangs war es nur ein Hobby. Mittlerweile haben private Blogs einen enormen Stellenwert in den Medien“, erkennt Modebloggerin Carla. Wer sich geschickt anstellt, gewinnt schnell an Reichweite, wird von Firmen kontaktiert und zu Events eingeladen. Gerade für Jugendliche sehr verlockend, doch nur wenige setzen sich durch. Was die Spreu vom Weizen trennt, entscheiden die Leser.

Vom Menschen zur Marke

„Die Aufmerksamkeitsspanne wird heutzutage immer kürzer. Als Blogger verschwindet man schnell wieder aus dem Gedächtnis“, erklärt Fashionbloggerin Anh. Für den Leser zählen zwei Dinge, Qualität und konstante Beiträge. Letzteres erreicht man mit etwas Disziplin und regelmäßigem Fan-Kontakt – sei es auch nur mal über Facebook. Eine gelungene Balance zwischen Charakter und Privatsphäre ist hier entscheidend. „Man repräsentiert quasi ein kleines Unternehmen“, so Bloggerin Carla. Und dieses muss ein schlüssiges Gesamtbild ergeben, um in Erinnerung zu bleiben.

Was sich den Posts abgewinnen lässt, hängt längst nicht nur vom Inhalt ab. „Der Leser folgt demjenigen, mit dem er sich am besten identifizieren kann“, erklärt Lifestylebloggerin Anna. Einblicke in den Alltag bieten Nähe und Inspiration. Wer sich von den Ideen anderer schnellen Erfolg verspricht, ist nicht authentisch. Auch hier greift der bewährte Grundsatz „Sei du selbst“ – nachhaltiger als die aktuellsten Designertrends. „Mit Persönlichkeit besiegst du alle, die sich in besonders bunte Outfits schälen, aber gar nicht ihren eigenen Stil repräsentieren“, so Anna.

Wirksam promoten

„Eine Idee kann noch so kreativ sein. Wenn sie nicht das richtige Publikum erreicht, floppt sie trotzdem“, weiß Anh. Wichtig ist, Beziehungen herzustellen und sie zu pflegen – fast so, wie außerhalb des Internets. „Ein textlastiger Blog findet eher auf Twitter neue Anhänger, während visuell betonte Blogs auf Instagram punkten.“ Microblogging, also das Posten von knappen Bild- oder Textnachrichten, spielt im Kontakt mit Lesern, aber auch anderen Bloggern eine entscheidende Rolle.

Gerade diese Rückmeldungen sind für die PR-Profis besonders wertvoll. „Es ist wichtig, herauszufinden, welche Inhalte die Zielgruppe ansprechen“, so Anh. Und dann gilt es, sich auszuprobieren. „In den ersten Wochen meines Blogger-Daseins  war ich ziemlich verunsichert. Alle anderen Blogs zum Thema waren ganz anders gestaltet.“, erzählt Hobbybloggerin Luisa. Heute ist sie froh, ihrem Geschmack treu geblieben zu sein und weiß: Selbstbewusstsein ist hier das einzige Erfolgsrezept. Nur wer von seiner Idee begeistert ist, kann sie anderen verkaufen.

Gut geplant ist halb gewonnen

Wenn das Konzept steht, ist noch längst nicht alles getan. Um gute Beiträge zu liefern, muss man viel Zeit investieren – deutlich mehr, als für die Leser ersichtlich. „Meine Ziele und Projekte plane ich jeden Monat im Voraus. Nur so weiß ich, dass ich meine Ideen optimal umsetzen kann – und das zahlt sich aus“, erzählt Carla. Wichtig ist, dass der Mehrwert im Fokus bleibt. Kooperationen mit anderen Bloggern sind sinnvoll, doch nur, wenn der Leser ihnen etwas abgewinnen kann. Sich für Verlinkungen in Szene zu setzen, verschafft selten neuen Follower und wirkt nur abgehoben.

Einer von vielen – das ist man in Städten wie Berlin zweifellos. Wie man damit umgeht, ist entscheidend, denn Druck ist der Inspirationskiller schlechthin. “Man darf sich bloß nicht verrückt machen”, sagt Anna. Schreiben, Fotografieren, Gestalten – das soll in erster Linie Spaß machen. “Irgendwann hat es “klick” gemacht, dass ich niemanden übertrumpfen muss. Und solange ich noch einen Leser habe, dem gefällt, was ich tue, bin ich glücklich!”

Von Diana Kabadiyski

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